Zankapfel an der B49: Keine Bußgelder trotz Blitzer

Dieser Blitzer im Kreis Gießen sorgte seit 2016 für Diskussionen. Nun beschäftigt er das Landgericht Gießen.
Reiskirchen - Die schmale Stele sollte in der viel befahrenen Ortsdurchfahrt von Reiskirchen für mehr Sicherheit sorgen. Doch kaum war der Blitzer an der B49 gegenüber der Apotheke Anfang 2016 scharf gestellt, gab es Ärger. Der wird nun vor Gericht ausgetragen. Am Gießener Landgericht trafen sich vergangene Woche vor Richterin Diana Kloska die Rechtsvertreter der German Radar GmbH und der Gemeinde Reiskirchen.
Es geht um Mietzahlungen von mehr als 9000 Euro, die die Gemeinde nicht geleistet hat und die German Radar nun auf dem Rechtsweg einfordert. Alle Bemühungen, zu einer gütlichen Einigung zu finden, waren im Vorfeld gescheitert.
Fehlerhafte Messungen bei B49-Blitzer in Reiskirchen (Kreis Gießen) bemängelt
Der Versuch, den Verkehr auf der B49 in der Ortsmitte von Reiskirchen per Geschwindigkeitsmessung zu überwachen, kam 2016 schon kurz nach dem Start ins Stocken. Gleich mehrfach beschwerten sich Autofahrer über fehlerhafte Messungen. 2017 schließlich machte ein Urteil des OLG Frankfurt die Pläne der Gemeinde komplett zunichte. Reiskirchen nämlich hatte, wie andere Kommunen auch, nicht nur das Messgerät von German Radar angemietet, sondern dem Dienstleister dazu noch die Auswertung der Messergebnisse übertragen. Das durfte nicht sein. Laut OLG muss die Ordnungsbehörde sowohl Herrin des Messgeräts als auch des durch die Messanlage gewonnenen Beweismittels sein. Und sie muss die Umwandlung und Auswertung des Beweismittels selbst durchführen.
Vor diesem Hintergrund schlossen Gemeinde und German Radar eine Abänderungsvereinbarung. Der Dienstleister sollte auf Wunsch der Kommune das Messgerät mit einer Software nachrüsten, mit dem Ziel, dass das Ordnungsamt die Auswertung selbst vornehmen kann. Doch das hat nicht funktioniert.
Vor Gericht war völlig unstreitig, dass das, was ursprünglich vereinbart worden war, nicht geliefert worden ist. Diametral auseinander gingen allerdings die Meinungen in der Frage, wer das Risiko dafür zu tragen hat. Für die German Radar GmbH beharrte Rechtsanwalt Dr. Hans von Gehlen auf der Feststellung, dass das Messgerät keinen Mangel aufweise. Um die Software habe sich das Unternehmen nach der OLG-Entscheidung auf Betreiben der Gemeinde bemüht. Folglich liege dort das Risiko. Den Vorschlag des gegnerischen Rechtsanwalts Dr. Frank Laux, mit null zu null auseinanderzugehen, wies von Gehlen kategorisch zurück: »Abgelehnt, abgelehnt!«
Ärger um Blitzer im Kreis Gießen: Richterin wirbt für gütliche Einigung
Laux seinerseits bewertete die Risikoverteilung völlig anders. Die Gemeinde Reiskirchen habe das Messgerät nicht angemietet, weil die Stele so schön aussieht. Zweck der Anlage seien die Verkehrsüberwachung und das Ausstellen von Bußgeldbescheiden gewesen. Auch wenn letztere nicht das primäre Ziel der Messungen gewesen seien, habe die Kommune doch auf Einnahmen verzichten müssen.
Richterin Kloska neigte eher der Argumentation der beklagten Gemeinde zu. »Das Risiko der Klägerin überwiegt«, sagte sie und warb bei den Kontrahenten erneut darum, sich gütlich zu einigen. Ihr Vorschlag: Die Gemeinde soll ein Drittel der ausstehenden Miete, also rund 3000 Euro, zahlen. Die beiden gegnerischen Parteien haben vier Wochen Zeit, sich dazu zu äußern. Sofern sie dem Vorschlag nicht zustimmen, wird die Richterin eine Entscheidung verkünden.