Richtfest für 20-Millionen-Projekt

Richtfest für eine Investition in die Zukunft: In Lindenstruth baut die Schunk Group ein neues Logistikzentrum für Weiss Technik für 20 Millionen Euro. Mit ihm soll der Materialfluss am Standort verbessert werden.
Die Halle hat eine Dimension, dass Eintracht Frankfurt darin für das heutige Finalspiel trainieren könnte - wenn keine Brandschutzwand in der Mitte stünde. Fast 120 Meter ist sie lang, 5800 Quadratmeter groß. Sie ist eines von zwei Gebäuden, das die Schunk Group derzeit bei Weiss Technik in Lindenstruth errichten lässt. Am Dienstag wurde Richtfest gefeiert.
Die Halle soll einmal als Logistikfläche dienen, nebenan wird gerade ein 2800 Quadratmeter großes Versandgebäude errichtet. Da das Weiss-Areal am Hang liegt, musste dafür eine ebene Fläche geschaffen werden. Seit 2017 wurde unbelastete Erde von Baustellen aus ganz Hessen herangefahren und verdichtet eingebaut. »Von einer Hochhausbaustelle in Frankfurt, von der Goetheschule in Wetzlar, aus Bad Nauheim ...«, zählte Architekt Henri Paul auf.
Am höchsten Punkt ist der Hang elf Meter über Gelände hoch und dennoch bei der Anfahrt auf Lindenstruth kaum sichtbar. Er wurde mit Gräsern eingesät, an seinem Fuße entsteht als Ausgleichsmaßnahme eine Streuobstwiese sowie für den Hochwasserschutz ein Regenrückhaltebecken.
Peter R. Manolopoulos, Geschäftsführer von Weiss Technik, zeigte sich erfreut, dass Schunk knapp 20 Millionen in den Neubau investiert: »Ich bin mir sicher, dass wir mit diesem Bau einen wichtigen und richtigen Schritt in der Firmengeschichte unternehmen.« Zuletzt seien die Lagermöglichkeiten auf dem Weiss-Areal erschöpft und bunt verteilt gewesen. Nun würden diese an einem Punkt gebündelt. Dies steigere die Wettbewerbsfähigkeit.
Herzstück des Logistikzentrums wird ein Lager sein, in dem acht Roboter den Inhalt von rund 13 000 Behältern im Blick haben und Kleinteile automatisch ein- und auslagern. Personal soll damit nicht eingespart werden, im Gegenteil: In den letzten fünf Jahren sind in Lindenstruth 140 neue Arbeitsplätze entstanden.
Covid-19 mache sich bei der Auftragslage bei Weiss kaum bemerkbar, sagte Manolopoulos: »Wir konnten 2021 einen Rekord an Auftragseingängen erzielen.« Weiss produziert wärme- und klimatechnische Anlagen sowie Anlagen zur Umweltsimulation. Diese werden unter anderem für die Entwicklung von E-Autos benötigt. »Unsere Produkte sind made in Reiskirchen, made in Germany«, unterstrich Manolopoulos.
»Man kann in einem Hochlohnland wie Deutschland dauerhaft industrielle Arbeitsplätze sichern«, sagte Arno Roth, Vorsitzender der Unternehmensleitung der Schunk Group, »industrielle Wertschöpfung ist in Deutschland möglich - aber nur über Innovation.«
Da Schunk durch viele Geschäftsbereiche breit aufgestellt ist, ist man gut durch die Corona-Krise gekommen und kann dieses Jahr 170 Millionen Euro weltweit in die Standorte investieren, sagte Roth. Dennoch bleibe man von Erschütterungen der Weltwirtschaft nicht verschont, die der Ukraine-Krieg verursacht: »Versorgungskrise, Materialkrise, explodierende Preise, zusammenbrechende Lieferketten«, zählte er stichwortartig auf. »Wir arbeiten um das Corona-Virus herum«, sprach er zudem die noch immer hohen Krankenstände an. Ein Unternehmen müsse aber über Jahre vorausschauend planen.
Vorausschauendes Planen ist bei Weiss Firmentradition: Architekt Paul berichtete, dass das Baurecht für die nun genutzte Erweiterungsfläche bereits seit 25 Jahren vorliegt. Daher sei der Bau, als er nun notwendig wurde, schnell möglich gewesen.
Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich erinnerte in seinem Grußwort an die Bedeutung von Gebäuden für die Logistik: »Sie ist das Nachgeschaltete zum Produzieren und das Vorgeschaltete zum Verkaufen.« Er sprach die Probleme an, die sich derzeit beim Aufstellen des neuen Regionalplans ergeben: »Alle wollen bei Amazon bestellen, aber keiner will die Logistikerhalle haben. Alle wollen wohnortnahe Arbeitsplätze, aber keiner Gewerbegebiete ausweisen.«
Lindenstruths Ortsvorsteher Gerhard Albach schilderte, dass dies bei Weiss kein Problem sei. Die Firma werde im Dorf hochgeschätzt, die Erweiterung mit Wohlwollen gesehen. Obwohl 10 000 Laster in den vergangenen Jahren die Erde für das Plateau anfuhren, sorgte dies im Ort für keine nennenswerte Mehrbelastung, da fast alle Laster das Dorf umfuhren. Das würde er sich auch für die B 49 wünschen.
Auch der Rotmilan störte sich nicht an der Baustelle: Seit Jahren brütet er in der Nähe und war ein ständiger Beobachter des Gebäudewachstums. Vermutlich dürfte so manches durch Bauarbeiten aufgescheuchte Nagetier in seinem Magen gelandet sein.