Reiskirchen bleibt vorerst blitzerfreie Zone
Reiskirchen (us). Die Vorsitzende der CDU-Fraktion sprach Klartext. Petra Süße wünscht sich mehr Sensibilität bei der Erstellung der Vorlagen, die die Grundlage für die Entscheidungsfindung in den politischen Gremien bilden. In letzter Zeit habe die Qualität leider sehr zu wünschen übrig gelassen. Deshalb war die letzte Sitzung der Gemeindevertretung vor der Sommerpause auch bereits nach einer halben Stunde beendet.
Weil das Informationsbedürfnis der Mandatsträger nicht ausreichend gestillt war, rief Sitzungsleiter Gerharf Albach zwei Punkte gar nicht erst auf: die Entscheidung über die weitere Beteiligung an der Tourismuskooperative Gießener Lahntäler und die gemeinsame Beschaffung eines Geschwindigkeitdmessgeräts mit der Stadtverwaltung Grünberg. Die jeweiligen Kooperationspartner werden sich also gedulden müssen. In Sachen Tourismus erwarten die Reiskirchener einen Sachstandsbericht der Projektbeauftragten Anna Erb. Und was das Geschwindigkeitdmessgerät angeht, soll die Verwaltung zusätzliche Informationen liefern. Bis auf weiteres laufen Autofahrer in Reiskirchen also nicht Gefahr, wegen Geschwindigkeitsübertretungen belangt zu werden.
Konflikt mit German Radar
In der Gemeinde gibt es seit längerem kein funktionierendes Geschwindigkeitmessgerät mehr. Der Blitzer an der Ecke Grünberger Straße/Raiffeisenstraße ist längst nicht mehr in Betrieb. Der Rechtsstreit mit dem Betreiber »German Radar« ist trotz eines erstinstanzlichen Urteils des Gießener Landgerichts zugunsten der Gemeinde Reiskirchen noch nicht beigelegt. Weil auch die Grünberger mit dem in Brandenburg ansässigen Unternehmen im Clinch liegen, kamen die Nachbarkommunen auf die Idee, die Kontrollen in die eigenen Hände zu nehmen. Sie wollen für 208 000 Euro ein mobiles Messgerät vom Typ ES 8.0 anschaffen, sich die Kosten teilen und das Equipment im zweiwöchigen Wechsel nutzen. Das Gerät, das das Tempo von Fahrzeugen auf bis zu vier Spuren in zwei Richtungen erfassen kann, eignet sich für mobile Messungen. Es kann aber auch in Säulen eingebaut werden. Dafür sollte in Reiskirchen für 50 000 Euro ein stationäres Gehäuse am bekannten Standort Grünberger Straße/Raiffeisenstraße installiert werden.
Diskutiert wurden die Pläne in der Sitzung der Gemeindevertretung nicht, der Tagesordnungspunkt wurde abgesetzt. Die SPD äußerte dennoch Kritik. So wollte Reinhard Strack-Schmalor wissen, ob die Auswahl des ins Auge gefassten Geräts auf Grundlage einer Ausschreibung getroffen wurde. Zudem wurden Zweifel laut, ob die Reiskirchener Ordnungsbehörde genug Personal für die Messungen hat.
Am Ende fasste die Gemeindevertretung am Mittwoch lediglich zwei Beschlüsse. Die Veränderungssperre für den Bebauungsplan »Industriegebiet Bersröder Straße« wurde um ein weiteres Jahr verlängert. Zwar ist ein bereits 2019 diskutiertes Nutzungskonzept für das Gebiet nicht realisiert worden. Mittlerweile liegt dem Gemeindevorstand aber eine neue Interessensbekundung zur Entwicklung des Industriegebiets vor. Sie soll mit der Veränderungssperre abgesichert werden. Ebenfalls befürwortet wurde ein Gesellschafterdarlehen für die Energiegenossenschaft Lumdatal. Der vom Ersten Beigeordneten Dr. Thomas Stumpf vorgetragene Haushaltsvollzugsbericht wurde zur Kenntnis genommen.
Für nicht zuständig erklärte sich die Gemeindevertretung bei einem Dringlichkeitsantrag. Die Freien Wähler hatten gefordert, den Bolzplatz an der Wieseck mit einem Ballfangzaun auszustatten. Immer wieder komme es vor, dass auch kleine Kinder ins Wasser stiegen, um Bälle herauszufischen. Dass diese gefährliche Situation schnellstmöglich beseitigt werden sollte, war unstrittig. Nur: »Das ist nicht unseres Zuständigkeit«, argumentierte Strack-Schmalor. »Wir sollten uns nicht zu diesem Beschluss hinreißen lassen, nur weil der Gemeindevorstand versagt.«