Qualität zu kleiner Miete

Reiskirchen (us). Die Idee kam Reiner Hahn quasi im Vorbeigehen. Der geschäftsführende Vorstand der Baugenossenschaft Busecker Tal hatte in der Lessingstraße in Reiskirchen ein Neubauprojekt am Laufen, als sein Blick auf 15 eher unansehnliche Garagen in der Nachbarschaft fiel: »Das wäre doch ein guter Standort für ein Haus.«
Barrierefrei und mit Balkon
Und so kommt es jetzt. Die Garagen sind verkauft und werden in wenigen Tagen abgebaut. Danach beginnen die Arbeiten für ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt 15 Wohnungen. Zwei oder drei Zimmer werden sie haben, einen Balkon und ein barrierefreies Bad. Sie sind über einen Aufzug zu erreichen; einen Keller gibt es auch. Wer hier einziehen möchte, braucht nicht viel Geld. Dafür aber einen Wohnberechtigungsschein, denn das Projekt der Baugenossenschaft Busecker Tal ist speziell für Menschen mit kleinem Geldbeutel gedacht. Die Kaltmiete ist bei 6,50 Euro festgeschrieben.
Dafür bekommen die künftigen Mieter Qualität, wie Aufsichtsratsmitglied Dirk Haas anmerkte. »Das wird nicht irgendwie billig hingebaut.« Dass die Baugenossenschaft das etwa 2,5 Millionen Euro teure Projekt trotzdem stemmen kann, ist der Unterstützung von vielen Seiten geschuldet. Die WIBank gewährt ein Baudarlehen in Höhe von 1,3 Millionen Euro, der Landkreis Gießen unterstützt den sozialen Wohnungsbau über die SWS GmbH mit 442 500 Euro. »Das ist die letzte Maßnahme nach der alten Förderrichtlinie«, betonte Haas. Ohne solche Hilfen werde es für die Baugenossenschaft schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der aber werde dringend benötigt. »Alle suchen Erzieherinnen oder Pfleger. Aber solche Leute können sich nicht einfach für eine halbe Million etwas kaufen.«
Dass der Bedarf groß ist, betonten auch Dr. Thomas Stumpf, der Erste Beigeordnete von Reiskirchen, und Landrätin Anita Schneider. Es seien in den vergangenen Jahren vielfach die Baugenossenschaften gewesen, die sich im sozialen Wohnungsbau engagiert haben, lobte Schneider. Ihr Hinweis, dass die SWS weiter als Ansprechpartner zur Verfügung stehe, griff Reiner Hahn gerne auf: »Ideen haben wir schon.«
Die Landrätin wies auf zwei weitere positive Aspekte des Reiskirchener Vorhabens hin. Erstens die Innenverdichtung. Und zweitens der Umstand, dass in der Lessingstraße eher kleinere Wohnungen entstehen. »Unsere Analysen zeigen, dass es davon im ländlichen Raum zu wenig gibt.«
Unterstützt wird der Neubau auch von der evangelischen Kirchengemeinde Reiskirchen, die das Grundstück über Erbpacht zur Verfügung stellt. »Bezahlbarer Wohnraum ist uns wichtig«, unterstrich Pfarrer Bert Schaaf.
Geplant wurde der zentral gelegene Neubau von Architekt André Schmidt. Bauunternehmer Kay-Achim Becker rechnet mit etwa zwei Jahren Bauzeit.
Es dürfte nicht schwer sein, Mieter für die 45 bis 73 Quadratmeter großen Wohnungen zu finden. Die Baugenossenschaft führt eine Warteliste. Rund 200 Interessierte stehen laut Reiner Hahn momentan darauf. Allerdings haben nicht alle einen Berechtigungsschein. Man werde die Bewerber nun sondieren und bald mit der Vorvermietung beginnen, kündigte der Vorstand an.