Protest gegen die Erweiterung des Gewerbegebietes in Reiskirchen

Eine Bürgerinitiative will die Erweiterung des Gewerbegebietes am Ortsrand von Reiskirchen stoppen. Bei dem Unternehmen Subtil stößt das auf Unverständnis.
Reiskirchen – Schneebedeckte Wiesen und Felder. Darüber die aufgehende Sonne. »Willkommen bei der Bürgerinitiative Lebenswertes Ettingshausen« steht in großen Lettern im goldfarbenen Morgenhimmel. Wer die gleichnamige Internetseite ein Stück herunterscrollt, erfährt, worum es auf der Homepage geht. Die Erweiterung des Gewerbegebietes Holzweg-Stirn, für das die Reiskirchener Gemeindevertretung Anfang März den Aufstellungsbeschluss gefasst hat.
Die Verwirklichung allerdings will die BI verhindern und erklärt im Netz ausführlich, warum. Die Bedenken reichen von einer deutlichen Zunahme des Lastwagenverkehrs über zerstörte Straßen bis hin zu Landschaftsbeeinträchtigungen. Von der möglichen Ansiedlung eines Logistikers ist die Rede. Auch von einem Schlachtbetrieb. Schnell denkt so mancher an den großen Fleischkonzern, der im vergangenen Jahr negative Schlagzeilen machte.
Subtil will die Erweiterung des Gewerbegebietes in Reiskirchen
Mit der Wirklichkeit hat das wenig zu tun, sagt Michael Subtil, Prokurist des Hauses Subtil. Gemeinsam mit seinem Bruder, Geschäftsführer Thomas Subtil, leitet er das Unternehmen, das technische Federn aus Draht sowie Drahtform- und Stanzbiegeteile für die Industrie fertigt. Seit 1971 ist es am Standort zu finden, hat sich seitdem stetig weiterentwickelt.
Doch die hausinterne Logistik ist nicht analog der Produktion mitgewachsen. Dazu kommen veränderte Kundenanforderungen, die es notwendig machen, mehr Bestandsware vorzuhalten. »Deshalb mussten wir die bestehende Logistik den aktuellen Bedingungen anpassen«, sagt Michael Subtil. Geschehen sollte dies eigentlich auf einem rund 0,8 Hektar großen Areal im Holzweg, das mittlerweile als möglicher Standort für einen Kindergarten im Gespräch ist.
Denn nachdem die Unternehmer 2018 das 10,5 Hektar große, nördlich an den Betrieb angrenzende ehemalige Milupa-Areal erwerben konnten, wo bis Ende 2019 die Firma Strauß LogPack angesiedelt war, entschieden sie sich um.
Auch wenn die früheren Räume des Lohnverpackers der Subtil Real Estate GmbH momentan für ihre interne Logistik ausreichen - die Versandabteilung ist bereits dort eingezogen -, die Gewerbegebietserweiterung soll langfristige Planungssicherheit für das Unternehmen schaffen, sagt der Prokurist. Er spricht von einem »klaren Bekenntnis zum heimischen Standort«. Subtil: »Mein Bruder und ich sind hier aufgewachsen und leben selbst hier.«
Erweiterung des Gewerbegebietes in Reiskirchen: Drei Interessenten
Und nicht nur das. Die Subtil-Brüder beabsichtigen mit ihrem Vorhaben zudem, Gewerbeflächen für ortsansässige Betriebe zu schaffen. Nicht für ein Logistikzentrum und auch nicht für eine Großschlachterei. Drei Interessenten gebe es, sagt Subtil.
Einer von ihnen äußert sich im GAZ-Gespräch zu seinen Plänen: Mario Döpfer, Metzgermeister mit Produktionstätte und Schlachterei in Reinhardshain, möchte seinen Betrieb nach Ettingshausen verlagern, wo er seit drei Jahren lebt. »Ich will mich nicht vergrößern, sondern der bleiben, der ich bin«, sagt Döpfer mit Blick auf die Gerüchteküche.
Neben ihm selbst arbeiten zwei Metzgergesellen und fünf Verkäuferinnen im Betrieb. Seine Produkte vertreibt er über einen fahrenden Verkauf in festen Dörfern und ein Ladengeschäft in Großen-Buseck. »Ich schlachte aus der Region für die Region«, sagt Döpfer, der seine Schweine von einem Landwirt aus Queckborn bezieht. 1000 bis 2000 Quadratmeter Gewerbefläche würde er für die Umsetzung seines Vorhabens in Ettingshausen benötigen. Döpfer: »Das wird auf keinen Fall ein riesengroßer Schachtbetrieb.«
Kein Verständnis für Kritiker der Erweiterung des Gewerbegebietes in Reiskirchen
Zurück zu den Initiatoren, der Subtil Real Estate GmbH. Die Kritik der Bürgerinitiative kann man dort nicht nachvollziehen. Das Verkehrsaufkommen im Holzweg habe sich mit dem Fortgang von Strauß LogPack deutlich verringert, zudem werde es bereits über den Gartenweg entlastet.
Er sei über den Protest der BI verwundert, sagt Michael Subtil. Es sei bedauerlich, dass diese das Vorhaben zum Mammutprojekt hochstilisiere. »Das ist es nicht, es ist historisch gewachsen.« Zuletzt hatte die BI im April mit einer Kunstaktion sowie bei der konstituierenden Sitzung der Gemeindevertretung auf sich und ihr Anliegen aufmerksam gemacht.
Wie es weitergeht? Nach dem Aufstellungsbeschluss Anfang März steht das Vorhaben am Beginn eines langen, geschätzt zweijährigen Bauleitplanverfahrens, in dem auch die Öffentlichkeit die Möglichkeit zur Stellungnahme hat. Die Planer vom Büro Holger Fischer haben das Gelände bereits kartiert und einen Vorentwurf des Bebauungsplans gezeichnet, der Mitte Mai fertig sein soll. Dieser wird als erste Diskussionsgrundlage in den gemeindlichen Gremien dienen, vermutlich auch in einer Bürgerinformationsveranstaltung, bevor er in die erste von zwei Offenlagen geht.