„Ausgetrocknet“: Sorge um Wasserquelle im Kreis Gießen

Mit der Hitze im Juli war Schluss: Eine Wasserquelle im Kreis Gießen ist ausgetrocknet. Tierschützer schlagen Alarm, der Bürgermeister sieht es anders.
Reiskirchen - Insekten tummeln sich über dem kühlen Nass. Astwerk und Müll schwimmen darin herum. Aber immerhin führt das Steinbecken am Bersröder Ortsrand wieder Wasser. Mitarbeiter des Bauhofes haben es kürzlich gefüllt. Zuvor allerdings war das Einlaufbauwerk, in welches normalerweise das nicht vom Boden aufgenommene Niederschlagswasser der umliegenden Flurstücke fließt, zeitweise leer.
So manchen Ortsbewohner bringt dieser Umstand auf die Palme. Denn das kühle Nass in der Straße Am Weiher dient Insekten und Vögeln als Wasserquelle.
Kreis Gießen: Becken in Reiskirchen trocknet aus - Vögel sitzen auf dem Trockenen
Mitte Juli - mitten in der Hitzewelle - war das Becken ausgetrocknet, berichtet eine Bersröderin, die anonym bleiben möchte. Zu einer Zeit, in der so mancher Vogel seine Jungen großzieht. Für die besorgte Tierschützerin angesichts vieler mit Tausenden Litern Wasser gefüllten Privatpools oder besprengter Sportplätze ein untragbarer Zustand. Mit Blick auf immer länger werdende Hitzeperioden und zu wenig Niederschlag fordert sie von der Gemeinde Reiskirchen eine verlässliche und dauerhafte Lösung im Sinne der Vogel- und Insektenwelt.
Einen Mitstreiter hat sie in Stefan Böck, Vorsitzender der Garten- und Naturfreunde Bersrod. »Momentan sind im offenen Land alle Wasserstellen ausgetrocknet«, sagt Böck. Aber Wasser sei für die Vögel und Insekten überlebenswichtig. Da auch der Dorfteich derzeit keine Quelle bietet, weil er immer wieder von einem Teppich aus Wasserlinsen überwuchert wird, plädiert der Garten- und Naturfreund dafür, das Becken am Ortsrand von Zeit zu Zeit aufzufüllen. Böck: »Es muss ja nicht auf Biegen und Brechen voll sein. Aber ein gewisser Wasserstand wäre schon erstrebenswert.«
Ausgetrocknete Wasserquelle im Kreis Gießen: „Unangemessen, Trinkwasser in Regeneinlaufbecken zu leiten“
Das sieht man bei der Gemeindeverwaltung anders. »Das Becken ist eine technische Anlage der Entwässerung«, und werde nicht durch einen Brunnen gespeist, sagt Bürgermeister Dietmar Kromm. Die Bauhofmitarbeiter hätten es in der Vergangenheit zwar zeitweise bewässert. Doch das werde künftig nicht mehr geschehen. »Ich halte es, selbst wenn wir zurzeit keine Versorgungsprobleme haben, für unangemessen, Trinkwasser in ein Regeneinlaufbauwerk zu leiten«, sagt der Rathauschef. »Wir bewässern ja auch keine trockengefallenen Bäche. Das ist und wäre eine Verschwendung von wichtigen Ressourcen, die wir grundsätzlich schützen müssen.«
Angesichts einer im Sinne der Insekten und Vögel geforderten Lösung, kommt Kromm auf die gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu sprechen. »Jeder muss sich darüber im Klaren sein, dass Trinkwasser ein wertvolles Gut ist«, sagt er. Es gebe bereits Kommunen, die es rationieren müssten.
Angesichts dessen ruft er die Reiskirchener dazu auf, auf das Befüllen privater Pools zu verzichten und stattdessen das kommunale Schwimmbad zu besuchen, Regenwasser in Zisternen oder Tonnen aufzufangen, um es im Garten für Pflanzen und Tiere einzusetzen. Kromm: »Helfen kann grundsätzlich jeder.« Wichtig sei die Erkenntnis der Bürger, dass sie selbst Veränderungen herbeiführen können, zum Beispiel mit dem Aufstellen von Wasserschalen, die den Tieren eine »viel bessere Hilfe« böten, da sie dann zahlreicher vorhanden seien. Als positives Beispiel nennt Kromm die Jagdpächter, von denen viele das Wild bereits auf ähnliche Weise versorgten. (Christina Jung)