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Rehkitze beim Mähen in Rabenau zerstückelt: Landwirt muss zahlen

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Von: Stefan Schaal

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Zitternd vor Furcht duckten sich drei Kitze auf einer Wiese in Rabenau - kurz darauf zerteilte sie eine Mähmaschine in kleine Stücke. Nun stand ein Landwirt deswegen vor Gericht.

Der Fund war schockierend: An einem Sonntag im Mai vergangenen Jahres entdeckte eine Spaziergängerin auf einer Wiese in Geilshausen Beine, Kopf und Torsos von Rehkitzen. Raubvögel kreisten über der gut drei Hektar großen Fläche. Wenige Minuten zuvor hatten sich die drei Wochen jungen Rehe voller Furcht im hohen Gras nach unten gedrückt, als sich ihnen dröhnend eine Mähmaschine näherte – und sie kurz darauf in Stücke riss. Der Landwirt, der die Wiese pachtet und damals auf der Maschine saß, musste sich am gestrigen Mittwoch vor Gericht verantworten. Die Kammer verurteilte ihn zu einer Geldstrafe in Höhe von 7500 Euro.

»Arme Kreaturen sind qualvoll verendet«, erklärte die Vorsitzende Richterin Antje Kaufmann. Wenn ein Reh trotz Schutzvorkehrungen sterbe, sei das unglücklich. »Aber es waren drei Tiere, die damals verteilt auf der Wiese kauerten.« Weil die Fläche zwischen zwei Waldstücken liegt, müsse man als Landwirt gerade im Mai und im Juni, wenn junge Rehe geboren werden, damit rechnen, dass dort Kitze im Gras liegen.

Fehlende Kommunikation beklagt

Rehe werden durch Mähmaschinen immer wieder getötet. Das Gericht wirft dem Landwirt aber vor, nicht genug zum Schutz der Kitze unternommen zu haben. »Sie haben es darauf ankommen lassen«, sagte auch Staatsanwältin Gesine Ritsche.

So hatte der Landwirt den zuständigen Jagdpächter über das Mähen der Wiese nicht vorab informiert. »Der Tod der Kitze war vermeidbar, zumindest in diesem Ausmaß«, sagte der Jagdpächter am Mittwoch im Gerichtssaal. Mit Hunden gehe er normalerweise die Wiesen ab, bevor sie gemäht werden. Auch weitere Jäger in der Region übernehmen ehrenamtlich solche Dienste. Mit anderen Landwirten funktioniere die Zusammenarbeit auch, sagte der Jagdpächter. Mit dem Angeklagten aber gebe es seit Jahren keine Kommunikation. »Ich war am Ende gezwungen, Anzeige zu erstatten.«

Pfosten mit flatternden Tüten aufgestellt

Während des Gerichtsverfahrens kam zur Sprache, dass auf der Wiese bereits mehrfach junge Rehe beim Mähen getötet worden sind. »Jedes Jahr verenden dort Kitze«, sagte der Jagdpächter, woraufhin der Angeklagte widersprach: »Das ist nicht wahr.«

Der 39-Jährige wurde nach Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes verurteilt, der die Tötung eines Wirbeltiers »ohne vernünftigen Grund« unter Strafe stellt. Der Landwirt erklärte vor Gericht, er glaube noch immer nicht, dass er die Tiere getötet hatte. »Es ist mir bis heute ein Rätsel.« Er sei die Fläche nach dem Mähen abgelaufen und habe keine Kadaver gesehen. »Die Wiese war wie ein Teppich.« Er hatte vorher außerdem 15 Pfosten mit flatternden Tüten aufgestellt, um Kitze aufzuscheuchen. Auf Fragen seines Verteidigers und eines Sachverständigen verwies er auf die laute, 105 PS schwere Maschine, auf der er saß. Worte des Bedauerns über die verendeten Rehe äußerte der Landwirt nicht. Sein Verteidiger erklärte, ein vorsätzlicher Verstoß des Tierschutzgesetzes liege nicht vor.

Richterin schenkt Landwirt keinen Glauben

Richterin Kaufmann hielt dem Angeklagten zugute, dass er in diesem Jahr zumindest versuchte hat, zwei Tage vor dem Mähen den Jagdpächter zu informieren. »Letztes Jahr war es eine kurzfristige Entscheidung«, sagte der Angeklagte.

Die Richterin schenkte dem Landwirt indes keinen Glauben, nachdem dieser erzählt hatte, er sei die Wiese vor dem Mähen gründlich abgelaufen. Ein Helfer des Landwirts erzählte, er sei zehn Minuten nach ihm zur Wiese gekommen, da sei der Angeklagte bereits zum Mähen wieder auf seine Maschine gestiegen. Ein Sachverständiger betonte, der Landwirt hätte auf der 30 000 Quadratmeter großen Wiese sieben Kilometer laufen müssen, um die Fläche einzusehen.

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