Neue Hoffnung für Kahlflächen im Wald
Rabenau (vh). Es kommt nicht häufig vor, dass ein Revierförster aus Nordrhein-Westfalen in Rabenau Gastreferent ist. Noch seltener ist für Rabenau die Gelegenheit, bei einem Pilotprojekt in der mitteleuropäischen Forstwirtschaft möglicherweise mit in der ersten Reihe zu stehen.
Was vielleicht so kommen könnte, hängt zusammen mit der beruflichen Vorerfahrung von Arne Wollgarten, heute Revierförster im Forstbetriebsbezirk Michelsberg, Bad Münstereifel. Sein 1700 Hektar großes Revier - alles Privatwald auf durchschnittlich 350 Höhenmeter Mittelgebirgslage - ragt hinunter ins Ahrtal oberhalb der Gemeinde Schuld, die besonders betroffen war vom Hochwasser diesen Sommer.
Wollgarten berichtete dem Rabenauer Bauausschuss von seinem beruflichen Werdegang, darunter eine Tätigkeit als Umweltplaner. Dabei habe er die Anspritzbegrünung kennengelernt. Jahre später, nun Revierleiter, habe er (studierter Forstingenieur) überlegt, ob das bewährte Verfahren nicht auch auf größere Kahlflächen im Wald übertragen werden könnte.
Samen muss zum Standort passen
Wollgarten informierte die Landesforstverwaltung und suchte im Internet einen strategischen Partner für erste Praxisversuche in seinem Revier. Die Odenhäuser Fachfirma Bender ist europaweit tätig. Mitbewerber mit ähnlicher Erfahrung auf dem Sektor maschinelle Flächenbegrünung gab es offensichtlich kaum.
Förster Wollgarten kontaktierte Bender und stieß auf offene Ohren. Im Dezember 2020 wurde auf 15 Hektar Kahlfläche Saatgut verschiedener Baumarten eingebracht. Dies hatte die westfälische Forstbaumschule Jungermann zuvor besorgt, die Forschungsstelle für Waldbau und Forstgenetik in Arnsberg hatte beratende Funktion wahrgenommen. Der Samen muss dem Standort angepasst sein. Dabei können auch mehrere geografische Herkünfte miteinander gemischt werden. Dadurch werde eine genetische Diversität erreicht, sagte Wollgarten.
Durch beständiges Weiterentwickeln des Pilotversuchs wolle man die günstigsten Mischungsverhältnisse, den besten Aussaatzeitpunkt und das am besten geeignete Bindemittel (bisher Zellulose) ermitteln.
Auf die reine Sukzession (Rückkehr der für den Standort natürlichen Pflanzen) zu vertrauen, ist dem Förster zu unsicher. Das Anspritzen von Saatgut sei aber eine gute Ergänzung. Optimale Keimfähigkeit vorausgesetzt, könne aufgrund der höheren Pflanzendichte pro Quadratmeter Fläche (verglichen mit der herkömmlichen Baumpflanzung) bis zu sieben Jahre auf die Kulturpflege verzichtet werden. Die Forstpflanzen müssten nicht mehr frei gemäht werden. Für die Keimfähigkeit sei der Kontakt des Saatguts mit dem Mineralboden wichtig. Wo jahrzehntelang Fichten standen, liege eine Zentimeter dicke Auflage Nadelstreu. Dann solle der Boden angeraut werden (nicht gemulcht). Ein Aspekt, für den es weitere Erfahrungswerte braucht.