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Bis zu 25,7 Millionen Euro Investitionen in Kompostwerk

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Von: Patrick Dehnhardt

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Rabenau/Gießen (pad). Egal ob ein halbes Mettbrötchen oder ein kleiner grüner Kaktus: Das, was Menschen im Landkreis Gießen in die grüne Tonne werfen, landet im Kompostwerk in der Rabenau. Die Anlage ist über 26 Jahre alt. Was es kosten würde, sie für einen Weiterbetrieb zu ertüchtigen, das hat Dr. Marcel Grünbein, Geschäftsführer des Planungsbüros pbo aus Aachen, am Donnerstag im Umweltausschuss des Landkreises präsentiert.

Es geht dabei um einen achtstelligen Eurobetrag.

Da ein halbes Mettbrötchen nach ein paar heißen Sommertagen in der grünen Tonne wahrlich kein Duftbaum mehr ist, betonte Planer Grünbein die Vorteile des derzeitigen Standorts im Wald bei Geilshausen: Es gibt im Umkreis keine Nachbarn, die sich an den Gerüchen und den Betriebsgeräuschen der Anlage stören.

Zudem sei es ökologisch betrachtet sinnvoll, vorhandene Gebäude und Anlagen nach Möglichkeit weiter zu nutzen, statt an anderer Stelle eine Anlage komplett neu zu bauen und die alte in Bauschutt zu verwandeln. So könnten sich durch das geplante interkommunale Gewerbegebiet an der A5-Abfahrt bei Lumda Synergieeffekte ergeben, etwa in puncto Fernwärme.

Grünbein hielt fest, dass die vergangenen 26 Jahre ihre Spuren an der Anlage hinterlassen haben. Unter anderem sei das Betriebsgebäude nicht mehr zeitgemäß ausgerüstet und biete den auf der Anlage Beschäftigten kaum Komfort. Da es attraktivere Jobs gebe, als mit Grünmüll zu arbeiten, müsse man den Arbeitskräften ein attraktives Umfeld bieten, wenn man sie halten wolle.

Doch auch das Kompostwerk selbst ist veraltet. »Ersatzteile für die Anlage gibt es nur bei E-Bay-Kleinanzeigen, aber nicht mehr beim Hersteller«, formulierte Grünbein überspitzt. Die Luftfilteranlage sei so ungünstig angebracht, dass sich die Filter schneller zersetzen würden. Zudem entspreche sie nicht mehr neuen Normen. Auch sonst habe es manch anderes Teil des Bauwerks in den Jahrzehnten des Betriebs dem Grünmüll gleichgetan und sich zersetzt.

Das Planungsbüro empfiehlt, die Kapazität der Anlage von 40 000 auf 42 000 Tonnen zu erhöhen, da die Bevölkerungszahl im Landkreis Gießen wächst. Würde man dies berücksichtigten und die vorhandene Technik erneuern, käme man auf Kosten von rund 13,5 Millionen Euro, erklärte Grünbein.

Der Verkauf von Kompost soll helfen, die Betriebskosten ein Stück weit einzuspielen. Der Planer sagte, dass da bereits das Ausgangsmaterial Probleme bereite: »Die Bioabfallqualität ist nicht so gut im Landkreis.« Ein Problem, das der Landkreis Gießen allerdings mit vielen anderen Kreisen teile. Um qualitativen Kompost verkaufen zu können, müsse man zuvor Störstoffe herausfiltern.

Mehr Geld als mit dem Kompost lässt sich aus Sicht des Planers mit einer zusätzlichen Biogaserzeugung einspielen. Dabei könne man mit Fördergeldern und einer festen Vergütung rechnen.

In einer Vergärungsanlage soll dieses Biogas erzeugt werden. Der Biomüll wird darin fermentiert. Den Begriff Fermentation kennt man aus der Lebensmittelherstellung. Doch auch Biomüll lässt sich vergären und dabei durch Bakterien Gas erzeugen. Dieses Gas soll dann energetisch genutzt werden.

Wollte man es in die nächste Pipeline einspeisen, müsste man ein Rohr von mindestens zehn Kilometern Länge legen, was allein schätzungsweise 1,34 Millionen Euro kosten würde. Das Gas ließe sich jedoch auch in einem Blockheizkraftwerk vor Ort verfeuern und so Strom erzeugen, sagte Grünbein.

Die bei der Verbrennung im Blockheizkraftwerk entstehende Wärme könnte beim anschließenden Kompostierungsprozess verwendet werden, um das enthaltene Wasser zu verdunsten und den Zersetzungsprozess zu beschleunigen - die Bakterien mögen es lieber mollig warm statt eiskalt.

Denkbar sei auch, ein zweites Blockheizkraftwerk im geplanten Gewerbegebiet an der A5 zu errichten, stellte der Planer eine weitere Nutzungsmöglichkeit vor. Dieses könnte über eine Leitung mit dem Biogas aus dem Kompostwerk versorgt werden, es verbrennen und so Strom und Fernwärme produzieren. Da man jedoch noch nicht wisse, ob bei den zukünftigen Anrainern Interesse besteht, habe man dies bei der Kostenschätzung außen vorgelassen.

Zusätzlich zu den 13,5 Millionen Euro für die Ertüchtigung des Kompostwerks würden noch einmal 12,2 Millionen Euro für die Vergärungsanlage anfallen, stellte Grünbein die Prognose vor. Ein Vorteil könnte dabei sein, dass die notwendige Ausschreibung wohl erst 2024 erfolgen und sich bis dahin die Materialmärkte wieder stabilisiert haben könnten.

Insgesamt also 25,7 Millionen Euro - das ist eine Summe, die viele Kommunalpolitiker erst einmal schlucken lässt. Darum sollen sowohl die Pläne zum Erhalt des Kompostwerks als auch die für die neue Vergärungsanlage in einer Sondersitzung im Detail noch einmal besprochen werden. Zudem soll eine Vergärungsanlage in Ilbenstadt besichtigt werden.

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