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Preisgekrönte Kita als Vorbild?

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Von: Stefan Schaal

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Das Angebot und die Zusammenarbeit mit einem Landwirt mache sich bezahlt, sagen die Verantwortlichen der Kita in Gießen. »Manche Erzieherinnen bewerben sich deswegen bei uns. Gutes Fachpersonal ist das wichtigste.« SYMBOLFOTO: DPA © DPA Deutsche Presseagentur

Die Idee einer Bauernhof-Kita ist seit einem guten Jahr in Pohlheim im Gespräch. Im Sozialausschuss haben nun Verantwortliche eines Kindergartens in Gießen, der Naturpädagogik und Digitalisierung verbindet, ihr Angebot vorgestellt.

Mit breiter Mehrheit hat das Pohlheimer Stadtparlament vor einem Jahr beschlossen, die Möglichkeit zu prüfen, eine Bauernhof-Kita ins Leben zu rufen. Nun waren im Pohlheimer Sozialausschuss Verantwortliche einer Kindertagesstätte aus Gießen zu Gast, die dem Vorhaben als Vorbild dienen könnte.

So berichtete Beate Diehl, die Leiterin der vor wenigen Tagen mit dem deutschen Kita-Preis ausgezeichneten Einrichtung der AWO in Rödgen, wie in dem dortigen Kindergarten Naturpädagogik und Digitalisierung verbunden werden.

Die Gießener Kita bietet den Kindern in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Landwirt, die Abläufe auf einem Bauernhof spielerisch zu erkunden, rund um einem großen Bauwagen, umgeben von Äckern, Wiesen und Obstbäumen. Gleichzeitig legt die Kita einen Schwerpunkt auf Digitalisierung: Die Kinder dokumentieren in Tablets ihre Erlebnisse auf dem Feld oder finden gemeinsam heraus, welche Pflanze auf dem Acker gerade wächst. Auch die Absprachen zwischen den Erzieherinnen und den Eltern laufen zum großen Teil per App.

Die AWO hatte den Kindergarten vor knapp zwei Jahren von der Stadt übernommen, vor allem das Erleben in der Natur sei damals »noch nicht so recht ins Laufen gekommen«, berichtete Diehl. »Es war damals auch nur eine gesonderte Kita-Gruppe.« Waren Mitarbeiter krank oder hatten Kinder keine Lust, habe dies schnell zu einer Einschränkung des Angebots geführt. Die AWO verfolge hingegen ein offenes Konzept. Die Kinder würden montags gefragt, ob sie die Woche draußen auf dem Feld verbringen wollen. Die Eltern würden dabei per App involviert.

Auf die Frage von Prof. Ernst-Ulrich Huster von der SPD-Fraktion, ob denn das Künstlerische nicht zu kurz kommen könnte, erklärte Diehl: »Die Kinder malen auch draußen. Finden sie einen Regenwurm, wird ein Lied über Regenwürmer gesungen.« Die Aktivitäten auf dem Feld seien vielfältig. »Die Kinder helfen beim Schafescheren, pflanzen Gemüse an, kommen mit Tieren in Kontakt.« Erlebnisse und Erfahrungen würden außerdem im Alltag in den Kita-Räumen später verarbeitet.

Bedenken, ob durch digitale Angebote nicht gefördert werde, dass Kinder zu viel Zeit an Computern sitzen, trat Jens Dapper, Geschäftsführer der AWO Gießen, entgegen. Den Kindern werde der Umgang mit den Tablets beigebracht. Nur zu festen Zeiten könnten die Geräte verwendet werden. Sie seien Arbeitsmittel wie Bleistifte. Vor allem lernen die Mädchen und Jungen, dass die Tablets mehr als nur zum Konsumieren dienen. Auch die Eltern würden in das Lernen des Umgangs mit den Computern mit einbezogen

Diehl betonte, das landwirtschaftliche Gelände sollte fußläufig für die Kinder erreichbar sein. Das Angebot habe auch seinen Preis, fügte sie hinzu. »Wir bezahlen für die Kooperation mit dem Landwirt.« Dieser säe beispielsweise Pflanzen gemeinsam mit den Kindern, lege Dünger aus, probiere mit ihnen Maschinen aus, die Mädchen und Jungen sitzen auf dem Traktor. »Das ist ein gewisser Anteil, der über den normalen Betriebskosten liegt«, sagte sie. Am Gelände befinden sich zudem Toiletten und ein Grillplatz. In manchen Fällen könnten auch Sponsoren helfen.

Versicherungsschutz »kein Problem«

Doch der Einsatz mache sich gleichzeitig bezahlt, versicherte Diehl. Die Kita sei nach der Übernahme durch die AWO ausgelastet, alle Personalstellen inzwischen besetzt. »Manche Erzieherinnen bewerben sich wegen unseres Angebots. Gutes Fachpersonal ist das Wichtigste.«

Sei denn der Versicherungsschutz ein Problem, wollte Björn Feuerbach von den Freien Wählern wissen. »Nein, die Kinder sind unfallversichert«, erklärte Diehl. »Der Bauer muss haftpflichtversichert sein.« Passiert sei in den vergangenen zwei Jahren ohnehin nichts. »Die Kinder stürzen eher mal in der Kita oder fallen von der Schaukel.« Das Gelände in Rödgen sei übrigens nicht eingehegt. »Die Kinder müssen eben auch lernen, sich an Regeln zu halten.«

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