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Praxisnah mit Pferdestärke

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Rückepferd Fink, geführt von einer Teilnehmerin aus Frankreich, zieht einen Baumstamm den Dünsberg hinab. Markus Langhans (r.) und Renate Schinke erklären mithilfe von Übersetzter Osée (l.), was die junge Frau beachten muss. © Red

Zeiten ändern sich. Warum mächtige Baumstämme dennoch manchmal besser mittels Pferde- statt mit Maschinenkraft aus dem Wald geholt werden, das erfuhren 19 Teilnehmer einer deutsch-französischen Jugendbegegnung in Biebertal. Am Dünsberg schritten sie zur Tat.

Willi und Finkenberg alias Fink trotten unverdrossen den steilen Dünsberghang empor. Hinter den beiden Pferden kämpft sich ihr Besitzer, Markus Langhans, hinauf. »Bei dieser Arbeit braucht man kein Fitnessstudio mehr«, scherzt er. »Wir wollen euch heute zeigen, wie man früher die gefällten Baumstämme aus dem Wald befördert hat und wie man es heute auch wieder machen sollte«, erläutert Langhans wenig später den 19 Teilnehmern einer deutsch-französischen Jugendbegegnung, die seit Sonntag in Biebertal läuft.

Perspektiven für den Berufseinstieg

Die Aufgabe der Pferde beim Holzrücken im Wald sei es, die Baumstämme zu den Rückegassen zu ziehen. »Von dort können die Stämme dann von einem Lastwagen abtransportiert und ins Sägewerk gebracht werden«, erklärt Langhans. Die Arbeit mit den Kaltblütern sei beim Holzrücken allerdings nicht der Regelfall. Meist würden große, schwere Maschinen bis in den Wald hineinfahren, um das Holz aufzuladen. Dies sei aber sehr schädlich für den Waldboden, berichtet Langhans’ Kollegin Renate Schinke. Die Maschinen verdichteten den Waldboden, wodurch Mikroorganismen abstürben und junge Bäume Probleme hätten, sich richtig zu entfalten. »Um den Wald zu schonen, sollte man daher wieder mehr Rückepferde verwenden«, empfiehlt Schinke.

Dass bei ihrem Ortstermin am Dünsberg Pferde die Arbeit verrichten anstatt der »Forwarder«, scheint auch die Teilnehmer der Jugendbegegnung zu freuen. Denn nach jedem Stamm, den Fink gezogen hat, wird der Vierbeiner mit Streicheleinheiten verwöhnt. Zuerst sehen die zehn Teilnehmer aus Frankreich und die neun Jugendlichen aus Deutschland noch zu, wie Langhans und Schinke mit den Pferden die Stämme bewegen, dann dürfen sie selbst mit Fink arbeiten.

Neben der traditionellen Forstwirtschaft mit den Rückepferden beschäftigen sich die Jugendlichen auch noch mit anderen holzverarbeitenden Berufen während der einwöchigen Begegnung. Ein Ziel des Austausches sei, den jungen Leuten Zukunftsperspektiven aufzuzeigen und in diesem Rahmen ihr Interesse für den ein oder anderen Beruf zu wecken, erläutert Martin Evenius von der Sonnenstraße-Evenius-GmbH, die den Austausch mit organisiert hat. Die Frage, ob er Interesse an einem Beruf in der Forstwirtschaft habe, bejaht Dallawar Nasrati, einer der Teilnehmer. »Bei der Arbeit im Wald bist du draußen und hast deine Ruhe«, sagt der 25-Jährige.

Betreuerin Dana Diehl betont gegenüber dieser Zeitung, wie wichtig der interkulturelle Kontakt zwischen den Jugendlichen ist: »Ich finde es schön, wie offen und tolerant die Teilnehmer miteinander umgehen.« Zwischen den Gästen aus Frankreich und den Teilnehmern aus dem Gießener Land wurden jedenfalls schon fleißig Kontakte geknüpft. Alle würden sich sehr gut verstehen, versichert die 18-jährige Leonie.

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