1. Gießener Allgemeine
  2. Kreis Gießen
  3. Pohlheim

Sprachgewandt wie das große Vorbild

Erstellt:

Von: Roger Schmidt

Kommentare

age_rge_heist_3_100323_4c
Als wäre es Heinz Erhardt höchstpersönlich: Hans-Joachim Heist bei seinem Auftritt in Holzheim. © Roger Schmidt

Pohlheim (rge). »Noch’n Gedicht« hieß es am Mittwochabend in der Kulturellen Mitte von Holzheim. Dass dabei Tränen der Freude unter den 200 Zuhörern zahlreich flossen, war dem Gastspiel des Komikers Hans-Joachim Heist geschuldet, der in die Rolle des unvergessenen Schelms Heinz Erhardt schlüpfte und das Publikum damit zwei Stunden lang bestens unterhielt.

Humor in die Gegenwart gebracht

Da wurden Reime geschüttelt, Wörter verdreht und gekalauert, dass sich die Planken der Kulti-Bühne bogen. Mit entsprechender Erhardt-Brille, Gestus und Wortakrobatik hatte er seine persönliche Auswahl von Erhardts »Best of« aus dessen humoristischem Vermächtnis herausgesucht. Klar, dass dabei das kurze Leben der »kleinen Made« nicht zu kurz kam, genauso wie gesanglich sein Schlager aus den 60ern mit »Wenn du denkst, es geht nicht, dann geh zu Tante Hedwig« vom »Kapellmeister« angestimmt wurde. Der Erhardt-Hit war den Zuhörern bestens bekannt und wurde von manchem leise mitgesungen.

Der aus der ZDF-Heute-Show bestens bekannte Comedian Heist wurde in Holzheims »Gut Stubb« im Rahmen der OVAG-Reihe Leseland Gießen zu Beginn von deren Mitarbeiterin Beatrice Kaiser begrüßt, die diesen Auftritt gemeinsam mit der Stadt Pohlheim organisiert hatten. »Danke für das Geräusch«, sagte der in Erhardt verwandelte Heist zum Applaus, nachdem er am Abend des Weltfrauentages verschmitzt in den Saal schauend festgestellt hatte: »Schöner Abend, schöne Menschen«. Ihm passte der humoristische Anzug des im Jahr 1979 verstorbenen Star-Komikers wie maßgeschneidert, denn die von ihm verkörperte Illusion von Heinz Erhardt war nahezu perfekt. Man befand sich in Gedanken in den Wirtschaftswunderzeiten der Republik, in denen Erhardt ein ganzes Volk zum Lachen brachte. Das funktionierte auch an diesem Abend in Pohlheim im Jahr 2023. Zur Vergangenheit passte der musikalische Reim zur Kunst des Trinkens von Klaren und Kurzen im beliebten Dodo (Doornkaat) von damals. »Immer, wenn ich traurig bin«, sang er trinkend und verriet danach: »Da ist nur Wasser drin. »Fährt der alte Lord fort, fährt er nur mit Ford fort«, war eine ebensolche musikalische Wortspielerei, die die Zuhörer in Verzückung versetzte.

Gedicht auf Gedicht war zwischen diesen Gesangseinlagen zu erleben, die allesamt von Erhardt »im Schweiße meiner Füße« entstanden waren und von Heist verblüffend authentisch interpretiert wurden. Dass Hülsenfrüchte aus Playboys entsprechend Blähboys machen oder in den Wortwendungen und -windungen von einer Fee mit faltenreichem Gewand und Gesicht die Rede ist oder Schillerlocken mit Goetheglatzen verglichen werden, waren weitere Beispiele für den Humor aus Erhardts Zeit, den Heist in die Gegenwart transportierte.

Den Gästen gefiel es und so gab es am Ende langanhaltenden Applaus und glückliche Gesichter über einen unterhaltsamen Abend mit Hans-Joachim Heist, der damit Heinz Erhardt noch einmal in seinen Auftritten zum Leben erweckte.

Auch interessant

Kommentare