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Eklat um neues Pohlheimer Stadt-Logo bringt Bürgermeister in Bedrängnis

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Von: Stefan Schaal

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Das Wahrzeichen Pohlheims, der Limesturm.
Das Wahrzeichen Pohlheims steht im Mittelpunkt des neuen Logos der Stadt. © pv

Pohlheims Bürgermeister Andreas Ruck hat der Stadt ein neues Logo verpasst. Das Erkennungszeichen ruft Ärger und Diskussionen hervor. Inzwischen ist die Kommunalaufsicht eingeschaltet.

Pohlheim – Himmelblau leuchtet der Hintergrund, majestätisch erhebt sich in weißer Farbe das Wahrzeichen Pohlheims, der Limesturm. Ansehnlich ist es geworden, das neue Logo der Stadt. Auf der Internetseite Pohlheims ist es mittlerweile zu sehen, es prangt außerdem auf Einladungen zu Sitzungen des Stadtparlaments und vor wenigen Tagen auch auf einem Plakat bei der Bekanntgabe des Wiesnfest-Programms. Gleichzeitig formiert sich aber heftiger Widerstand.

»Herr Ruck ist doch nicht der König von Pohlheim«, sagt ein Kommunalpolitiker, als er auf das Logo angesprochen wird. Vor allem Abgeordnete der Oppositionsfraktionen im Stadtparlament von CDU und Freien Wählern schäumen vor Wut. Einige reden davon, eine Strafanzeige gegen Ruck zu stellen.

Eklat um Stadt-Logo in Pohlheim: Bürgermeister wird Bevorteilung vorgeworfen

Eine Anfrage bei der Staatsanwaltschaft Gießen am Donnerstag ergibt: Eine Anzeige ist dort noch nicht in der Sache eingegangen. Nach Informationen dieser Zeitung ist allerdings inzwischen die Kommunalaufsicht eingeschaltet. Das kleine, hübsche neue Erkennungszeichen der Stadt steht plötzlich im Mittelpunkt einer Posse, die den Bürgermeister Andreas Ruck (parteilos) in Bedrängnis bringen könnte. Es geht um den Vorwurf der Kungelei und um Mangel an Transparenz.

Hintergrund ist eine Reihe von Versäumnissen. Während andere Städte und Gemeinden wie zuletzt Grünberg und Biebertal Wettbewerbe ausgelobt und die Menschen ermutigt haben, Vorschläge für Logos wie zum Beispiel für ein Stadtjubiläum und ein Dorfentwicklungsprogramm einzureichen, hat Ruck die Pohlheimer und das Stadtparlament übergangen. Es gab weder einen Wettbewerb noch einen Parlamentsbeschluss. Stattdessen tauchte das Logo irgendwann plötzlich in Veröffentlichungen der Stadt auf.

Eklat um Stadt-Logo in Pohlheim: Stadtverordnetenversammlung fühlt sich übergangen

Als oberstes Organ der Stadt entscheidet die Stadtverordnetenversammlung nach Paragraf 9 der Hessischen Gemeindeordnung über alle wichtigen Angelegenheiten und überwacht deren Umsetzung in der Verwaltung.

Ob ein Stadt-Logo eine wichtige Angelegenheit ist, darüber lässt sich streiten. Ruck hat das Parlament über die Erstellung und die Einführung des neuen zentralen Erkennungszeichens der Stadt allerdings längere Zeit nicht einmal informiert.

Erst auf Nachfrage eines Stadtverordneten der CDU, Reiner Leidich, im April dieses Jahres gab Ruck im Juli Auskunft. »Die Stadt Pohlheim präsentiert sich zeitgemäß, mit einem einprägsamen Logo, was optimiert für Social Media und Marketing ist«, erklärte der Bürgermeister. Den Auftrag zur Erstellung des Logos habe er nach einem Magistratsbeschluss erteilt.

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So sieht das neue Pohlheimer Erkennungszeichen aus. Der Bürgermeister schweigt. © pv

In diesem Punkt lüge der Bürgermeister, heißt es in Kreisen der Opposition. Einen Beschluss im Magistrat soll es nie gegeben haben. Protokolle des Magistrats liegen den Fraktionen vor. Der CDU-Stadtverordnete Leidich hat Ruck die Frage gestellt, wann das Logo im Magistrat beschlossen worden sein soll. Dieser ließ die Frage nach dem Zeitpunkt unbeantwortet. Stattdessen erklärte er in vagen Worten: »Das neue Logo befand sich in einer Testphase, die allgemein positive Rückmeldung gab der Idee die Bestätigung, dass es im Magistrat verabschiedet werden konnte.«

Inzwischen schweigt Ruck zu dem Thema. Es laufe ein Verfahren, daher könne er sich nicht äußern. Gemeint ist das Verfahren bei der Kommunalaufsicht.

Eklat um Stadt-Logo in Pohlheim: Auftrag ohne Ausschreibung erteilt

»Das Ganze hat ein Geschmäckle«, sagt Leidich. Der Satz zielt vor allem darauf ab, dass Ruck für die Erarbeitung des Logos offenbar hemdsärmelig und ohne Ausschreibung ein Grafikdesign-Büro beauftragt hat, das im vergangenen Jahr seinen Wahlkampf unterstützt hat. Geschäftsführerin ist Eva Saarbourg, die der SPD angehört und als Ortsvorsteherin in Watzenborn-Steinberg aktiv ist. Die Pohlheimer SPD hatte Ruck im vergangenen Jahr als Bürgermeisterkandidat nominiert.

Die Kosten für die Entwicklung des Logos lagen laut Ruck zwischen 1000 und 2000 Euro. Eine Ausschreibung war daher nicht verpflichtend, die Grenze liegt bei 10 000 Euro. Doch Ruck hätte zumindest zwei bis drei andere Angebote einholen können. Ob er dies getan hat, ist bisher unklar.

Saarbourg erklärt auf Nachfrage, sie betreibe das einzige größere Grafikdesign-Büro in Pohlheim. Sie verweist außerdem darauf, auch schon das Stadt-Logo zuvor noch im Auftrag von Bürgermeister Karl-Heinz Schäfer erstellt zu haben. Die Wahl auf ihr Büro sei daher naheliegend. Sie habe 30 Jahre Berufserfahrung und habe »Herzblut für die Stadt Pohlheim«.

Eklat um Stadt-Logo in Pohlheim: Neues Logo selbst steht nicht in der Kritik

Das Logo selbst und die Gestaltung stehen wohlgemerkt nicht in der Kritik. »Wir haben gar nichts dagegen«, sagt auch Björn Feuerbach von den Freien Wählern in Pohlheim. Dass es aber keine Anzeichen für ein ordentliches Vergabeverfahren gebe, sorge für Verwunderung und Verärgerung. »Die Transparenz fehlt.«

Zumal möglicherweise ein weiteres Versäumnis vorliegt. Das neue Logo trägt den Namen »Limesstadt Pohlheim«. Bevor sich Städte einen Beinamen geben können wie zum Beispiel die »Barbarossastadt Gelnhausen«, müssen sie dies beim hessischen Innenministerium beantragen. Eine Anfrage beim Ministerium, ob ein derartiges Vorhaben durch die Stadt Pohlheim beantragt worden ist, blieb bisher unbeantwortet.

Bei allen Vorwürfen mag Pohlheims Bürgermeister im rechtlichen Rahmen gehandelt haben. Eines muss er sich dennoch vorwerfen lassen. Ruck, der mit dem Versprechen angetreten ist, die Kommunikation in der Stadt zu verbessern, kommuniziert unzureichend. »Die Stadt Pohlheim ist keine GmbH«, sagt Jörg Buß von der Pohlheimer CDU. »Und Herr Ruck ist kein Generalbevollmächtigter, sondern Vorsteher einer Verwaltung, die sich an Gesetze halten muss.« (Stefan Schaal)

Seit seinem Amtsantritt bekommt Pohlheims Bürgermeister Andreas Ruck massiven Gegenwind – insbesondere dank der damaligen Entmachtung eines Stadtrats.

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