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Lebenshilfe kündigt Kita-Vertrag

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Von: red Redaktion

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Pohlheim (pm). In Sachen Kindertagesstätten brennt in Pohlheim der Baum: Nachdem der Neubau der Kita »Sonnenschein« in der Kirchstraße gestoppt wurde und für die beiden neu zu planenden und mit ihren Kapazitäten dringend benötigten Kitas an anderen Standorten noch kein Baustart absehbar ist, gibt es nun die nächste Negativnachricht: Wie CDU und Freie Wähler mitteilen, hat die Lebenshilfe Gießen den Kindergartenbetriebsvertrag mit der Stadt Pohlheim für die Kita Garbenteich zum 31.

Juli 2023 gekündigt.

Dirk Oßwald, Vorstandsvorsitzender der Lebenshilfe Gießen, sehe laut Pressemitteilung der CDU und Freien Wähler keine andere Möglichkeit mehr, um endlich mit Bürgermeister Andreas Ruck über die künftige Form der Zusammenarbeit ins Gespräch zu kommen, heißt es in dem an den Bürgermeister gerichteten Schreiben.

Oßwald sandte dieses Schreiben in Kopie an die Stadtverordnetenvorsteherin, die Fraktionsvorsitzenden der Pohlheimer Parteien sowie den Elternbeirat der Lebenshilfe, damit Transparenz hergestellt werde und »eine konstruktive Diskussion auch im politischen Raum« stattfinden könne.

Im Schreiben heißt es, dass die Lebenshilfe »seit geraumer Zeit eine Verschlechterung des Klimas in der Zusammenarbeit mit der Stadt Pohlheim« verspüre. Seit Dezember 2021 habe die Lebenshilfe versucht, bei Bürgermeister Ruck einen Termin für ein klärendes Gespräch zu erhalten, jedoch vergeblich.

CDU und Freie Wähler sind von der Kündigung überrascht und fassungslos. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Malke Aydin, äußert sich besorgt: »Unter Bürgermeister Ruck verschlechtert sich die Situation der Kinderbetreuung in Pohlheim zunehmend. Nicht nur, dass die 100 zusätzlichen Kita-Plätze, die mit dem Neubau in der Kirchstraße im Frühjahr 2023 zur Verfügung gestanden hätten, vom Bürgermeister verhindert wurden. Mit dem Kündigungsschreiben der Lebenshilfe verschlimmert sich zum Sommer 2023 die Perspektive für den mit sechs Gruppen größten Pohlheimer Kindergarten.« Der CDU-Mann befürchtet: »In Garbenteich stehen dann schlimmstenfalls bis zu 128 Kinder auf der Straße.«

Keine Rückrufe,

keine Termine

Andreas Schuch, Vorsitzender der Freie-Wähler-Fraktion, rät, konstruktive Gespräche unter Beteiligung von Vertretern der Stadt Pohlheim, der Lebenshilfe sowie der Politik schnellstmöglich zu beginnen. »Es muss alles Mögliche getan werden, damit es wieder zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe kommt.« Die Lebenshilfe sei seit Jahren ein zuverlässiger Partner bei der Kinderbetreuung und zudem der größte Arbeitgeber in Pohlheim mit vorbildlichem sozialem Engagement. »Die Kommunikationsblockaden zwischen Stadt und Lebenshilfe müssen jetzt rasch überwunden werden.«

Der Vorstandsvorsitzende Dirk Oßwald erklärt laut CDU und FW in dem erwähnten Kündigungsschreiben, die Lebenshilfe strebe nach wie vor Einvernehmen mit der Stadt Pohlheim an. Jedoch werde ein wachsendes Misstrauen seitens der Stadt Pohlheim wahrgenommen. Anders als bei allen anderen sieben Trägerkommunen, in denen die Lebenshilfe tätig sei und mit denen die Zusammenarbeit reibungslos verlaufe, sei eine offene, transparente und auf gegenseitigem Vertrauen basierende Kooperation im Sinne der Pohlheimer Familien aktuell nicht möglich.

Symbolisch dafür: Am 26. Juli fand ein von Bürgermeister Ruck geleitetes Treffen mit den Elternbeiratsvertreterinnen der Pohlheimer Kitas und Mitgliedern des Sozialausschusses statt, Vertreter der Lebenshilfe waren zu diesem Treffen nicht eingeladen. Professor Helge Stadelmann (CDU) fordert daher, zu solchen Treffen auch einen Sprecher des Kita-Trägers einzuladen.

Aufgrund von Änderungen rechtlicher Grundlagen auf Bundes- und Landesebene, Anpassungen bei der Abrechnung der Betriebskosten sowie einer angestrebten Vereinfachung der Verwaltungstätigkeit sollte der Betriebsvertrag für die Kindertagesstätten Garbenteich, Watzenborn-Steinberg (Germaniastraße) und die Wald-Kita »Rocky Hill« aktualisiert bzw. überarbeitet werden. Der achtseitige Entwurf für einen neuen Vertrag liegt der Verwaltung seit Dezember 2021 vor und werde nach Aussage von Bürgermeister Ruck geprüft. Zu dem Weg über die Stadtverordneten sah sich die Lebenshilfe wohl nun gezwungen, nachdem ein weiterer telefonischer Kontaktversuch zur Terminierung eines Gespräches »weggedrückt« wurde und die nachfolgende dringende Bitte um einen Rückruf, die auf der Mailbox des Adressaten hinterlassen wurde, ohne Reaktion blieb.

Malke Aydin fordert den Bürgermeister im Sinne der aktuell 101 Kinder der Kita Garbenteich sowie der 91 Kinder in den Einrichtungen in Watzenborn-Steinberg und deren über 200 Familien auf, sich mit der Lebenshilfe an einen Tisch und ins Benehmen zu setzen. Auch die Mitarbeiterinnen der Kitas bräuchten Planungssicherheit. Pohlheim solle den bewährten und zuverlässigen Partner Lebenshilfe nicht vergraulen. Ein Ausweichen auf einen anderen Träger sei angesichts des leer gefegten Arbeitsmarktes keine Perspektive. »Es steht sonst der Stadt Pohlheim neben der durch SPD und Grüne herbeigeführten Knappheit der räumlichen Angebote zusätzlich ein Erzieherproblem ins Haus«, heißt es in der Pressemitteilung.

Schuch bringt ins Gespräch, dass gegebenenfalls die langjährigen Magistratsmitglieder der CDU oder FW die Gespräche von Stadt und Lebenshilfe vermittelnd begleiten oder für den Bürgermeister stellvertretend durchführen könnten. Entsprechendes Vorgehen habe sich bereits unter dem ehemaligen Bürgermeister Karl-Heinz Schäfer (SPD) bewährt, als es zu Kommunikationsblockaden in der Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe gekommen war.

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