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Kinderarmut begegnen

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Von: Constantin Hoppe

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Kinder, die in Armut leben, werden immer wieder mit Verzichtssituationen konfrontiert. Wie Kommunen hier helfen können, damit beschäftigen sich die Gremien in Pohlheim. SYMBOLBILD: DPA © DPA Deutsche Presseagentur

Was können Kommunen konkret tun, um armutsbedrohte Kinder zu unterstützten und ihre Bildungschancen zu erhöhen? Diese Frage beschäftigt das Pohlheimer Parlament.

Armut prägt das Leben vieler Menschen. Auch Pohlheim ist davon nicht ausgenommen, wie der Armutsbericht des Landkreis Gießen im vergangenen Jahr deutlich aufgezeigt hat. Pohlheim steht - nach der Stadt Gießen und Lollar - an dritter Stelle, wenn es um den Anteil der Bevölkerung geht, der armutsbedroht ist.

Im Jahr 2020 waren 9,8 Prozent der Pohlheimer Bevölkerung auf staatliche Unterstützung angewiesen. Gleichzeitig leben dort 15,3 Prozent der Kinder und Jugendliche in armen Verhältnissen. Und die Tendenz steigt seitdem: Eine Untersuchung zeigte im vergangenen Jahr eine landkreisweite Armutsquote von 16,3 Prozent bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren.

Wie man dieser Entwicklung auf kommunaler Ebene entgegenwirken kann, war am Dienstag Thema einer gemeinsamen Sitzung aller Pohlheimer Ausschüsse. In dieser stellte Gerda Holz eine Auswahl der kommunalen Handlungsmöglichkeiten sowie die Erscheinungsformen der Kinderarmut vor.

Holz ist Expertin auf dem Gebiet, war stellvertretende Leiterin des Frankfurter Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik sowie Leiterin der ersten Langzeit-Studie zur Kinderarmut in Deutschland.

»Armut bei Kindern hat ein anderes Gesicht als bei Erwachsenen«, erklärte Holz. »Kinder erleben Mangel- und Verzichtssituationen, die sich direkt auf ihre Entwicklung auswirken.« Dieser Mangel beschränke sich längst nicht nur auf Kleidung oder eine abwechslungsreiche Ernährung. »Diese Kinder wachsen sozial isolierter auf und haben weniger Chancen, als finanziell besser situierte Alterskameraden«, sagte Holz. »Sie bewegen sich in einer begrenzteren Kinderwelt.«

Ein wichtiger Punkt, der schon in den Kommunen beginnt, sei deshalb die Förderung von Armutssensibilität, sagte Holz: »Wir müssen Menschen in dieser Lage mit Respekt begegnen und mit ihnen sprechen. Nicht über sie.«

Wie diese Gemengelage auf kommunaler Ebene angegangen werden könne, sei jedoch nicht universell zu beantworten, erklärte die Expertin. Jedoch können Vereine und Institutionen ihre Angebote den Bedarfen anpassen. Eine Handlungsoption beginnt schon in einer ureigenen Aufgabe von Kommunen: Den Kita-Plätzen.

Frühe Förderung wichtig

»Gibt es einen Mangel an Betreuungsplätzen, werden schnell die Ellenbogen ausgefahren«, erläuterte Holz. »Kinder aus armen Familien sind immer die, die am Ende der Schlange stehen und das Nachsehen haben.« Das wirke sich negativ auf die sozialen Kompetenzen des Kindes und die frühkindliche Förderung aus. Deshalb sei die Schaffung ausreichender Kita-Plätze ein erster Schritt, den jede Kommune angehen könne.

Dass das gerade in Pohlheim von Bedeutung ist, merkte auch Prof. Helge Stadelmann (CDU) an: »In Sachen Kita-Plätze haben wir hier noch eine weite Strecke vor uns.« Die Plätze sind rar und nach dem vorläufigen Aus des Kita-Neubaus im Baugebiet »Hinter der Friedensstraße« und weiteren Verzögerungen der Kitas »Hausen-Ost« und »Schwarzer Morgen« sei vorerst keine Besserung in Sicht.

Wichtig ist für Holz besonders, dass ein Anfang bei der Armutsprävention gemacht wird. Dies könne beispielsweise durch eine Verwaltungsstelle passieren, die sich mit dem Thema und möglichen Maßnahmen auseinandersetzt. Und das sei eine weitere ureigene Aufgabe einer Kommune, sagte die Fachfrau: »Kinder sind private und öffentliche Verantwortung.«

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