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Kein schnelles Kriegsende

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Von: Roger Schmidt

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Claus Leggewie © Roger Schmidt

Pohlheim (rge). Den harten Kontrast von Zeiten des Friedens und des aktuellen Krieges mit all seinem Leid und Zerstörung in der Ukraine bildeten am Sonntag Bilder der beiden ukrainischen Fotografen Nelli Spirina und Serhii Mykhalchuk. Sie zeigten eine Auswahl im Rahmen des Pohlheimer Forums »Kopf und Herz« in der Volkshalle Watzenborn-Steinberg.

Sie bildeten dabei den Rahmen für ein kulturelles Programm mit Chor- und Instrumentalmusik, Gesang und Tanz. Politikwissenschaftler Prof. Dr. Claus Leggewie machte in seinen Betrachtungen den rund 100 Zuhörern wenig Hoffnung, dass der Krieg bald enden wird. »Die Lage ist schrecklich!«, sagte er.

Moderatorin Alexandra Böckel, Geschäftsführerin des Freiwilligenzentrum Gießen, begrüßte zu Beginn am Flügel die junge ukrainische Instrumentalistin Jenia Bezborodova, die im Verlauf des Abends am Lauteninstrument Bandura vor Bilderimpressionen zu hören war. Nicht nur ukrainische Tänze steuerte Nelly Syupur bei. »Heimat, Heimat, ewig liebe Heimat« sangen die Sänger des Watzenborner Männerchores von Harmonie und Sängerkranz als Zeichen für die Ukraine. Die Modern Voices des Gesangverein Germania hatten ebenso wie Sängerin Nidia Ortiz ihren Auftritt, die gemeinsam mit Harald Mantei Organisatorin des Veranstaltungsformats Forum »Kopf & Herz« ist.

Leggewie, der selbst einen Krieg im Kessel von Sarajewo miterlebt hatte, erläuterte die imperiale Ideologie, die das autokratische Putin-System verfolgt. Es folge einer Linie von Zarismus über den Kommunismus der Sowjetunion bis hin zu Putin. Der sei kein Kommunist, viel mehr ein Stalinist. Der Krieg richte sich nicht nur gegen die Ukraine, viel mehr gegen den gesamten freien Westen, denn die eigentliche Bedrohung des Putin-Systems sei die Demokratie. Zu seinem Machterhalt benötige Putin unfreie Satellitenstaaten. Jetzt, wo es kälter werde und die Gaslieferungen stockten, würden im linken wie im rechten Lager die Putin-Freunde aktiv, erwartete der Politikwissenschaftler. Allerdings sei Russland im Energiebereich am verwundbarsten, denn das weitere industrielle Potential befinde sich auf dem Niveau eines Entwicklungslandes.

Russland müsse man daher Perspektiven aufzeigen. Kontakte mir russischen Bürgern, gerade in der Kultur, müssten verstärkt werden, appellierte er für Gespräche und nicht Ausgrenzung. Viele Russen seien mit diesem Krieg nicht einverstanden und wüssten nicht, was in der Ukraine geschehe. Auf die Frage aus den Gastreihen, ob auch das ehemalige Gebiete der DDR, ein Ziel des russischen Imperialismus sein könne, hatte er aus seiner Sicht keine guten Nachrichten. Für Putin sei Berlin das Fernziel, so Leggewies Einschätzung.

In den kommenden Tagen sind ausgesuchte Bilder noch in der Stadtverwaltung Pohlheim, der Freien evangelischen Kirchengemeinde sowie in der Christuskirche in Watzenborn-Steinberg zu sehen. Erlöse aus den gesammelten Spenden gehen auch an die humanitäre Hilfe für die Ukraine des »Bündnis Entwicklung Hilft - Gemeinsam für Menschen in Not«. FOTO: RGE

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