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»Ab drei Geschossen gibt es einen Aufschrei«

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Von: Stefan Schaal

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Daniel Beitlich (v. l.) diskutiert mit Kim Sen-Gupta, Thilo Sekol, Moderator Stephan Kannwischer und Dr. Ivo Gerhards. © Stefan Schaal

Pohlheim (srs). Daniel Beitlich, Geschäftsführer der Revikon GmbH, fordert ein gesellschaftliches Umdenken bei der Planung von Baugebieten - und im Rahmen von Wohnflächen eine Abkehr vom alleinigen »deutschen Idealbild des Einfamilienhauses«.

Bereits ab drei Geschossen »gibt es Protest und einen Aufschrei«, kritisierte Beitlich vor wenigen Tagen während einer Podiumsdiskussion in Pohlheim. »Das gilt als No-Go und als Skandal.« Während die Bevölkerungszahl in Deutschland auf 85 Millionen anwächst, »muss man auch verantwortungsvoller bauen«, sagte Beitlich.

Es gehe darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen sowie Fläche zu sparen und die Versiegelung von Fläche zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund müsse man häufiger als bisher mehrgeschossig denken. »Die Höhe ist das Problem«, sagte Beitlich. Alles, was über das Einfamilienhaus hinausgehe, gelte als »asozial«. Von diesem Denken müsse man sich verabschieden.

Lohnen sich Gewerbegebiete?

Auch bei Gewerbegebieten müsse sich in diesem Zusammenhang etwas ändern, erklärte der Revikon-Geschäftsführer, er sprach von »widersinnigen Festsetzungen«.

Beitlich ist mit seinem Unternehmen Eigentümer und Entwickler der Fläche des früheren US-Depots in Gießen. In Pohlheim will er das Gewerbegebiet Garbenteich-Ost auf die Beine stellen, in Linden will er 100 bis 130 Wohnungen zwischen Sudetenstraße und den Bahngleisen errichten.

Die Podiumsdiskussion in der Volkshalle in Watzenborn-Steinberg auf Einladung des Gewerbevereins Pohlheim drehte sich um die Frage »Bodenversiegelung im Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie - lohnt sich Gewerbeansiedlung für Gemeinden?«.

Referent Thilo Sekol stellte eingangs infrage, ob sich Gewerbegebiete für Kommunen rechnen. Angesichts von Finanzausgleichen und Schlüsselzuweisungen sowie vor dem Hintergrund von Folgekosten »bleibt von den Gewerbesteuereinnahmen sehr wenig übrig«, sagte Sekol.

Beitlich widersprach unterdessen Sekols Rechenbeispiel, wonach bei einem zehn Hektar großen Gewerbegebiet eine Million Euro Gewerbesteuer herausspringen. »Wären in Garbenteich bei 30 Hektar nur drei Millionen Euro Gewerbesteuer das Ergebnis, würde ich es nicht machen«, sagte er.

Beitlich betonte, dass der Sinn und der Erfolg einer Gewerbefläche freilich von den sich ansiedelnden Unternehmen abhängen. Das Logistikzentrum in Lich beispielsweise sei »eine Katastrophe«, erklärte Beitlich. »Es ist unansehnlich und bringt der Stadt nichts.«

Gewerbesteuereinnahmen allerdings mathematisch mit Finanzausgleichen aufzurechnen, sei derweil wenig sinnvoll, sagte Beitlich. Eine Kommune könne doch von einem Gewerbegebiet nicht Abstand nehmen, weil sie ohnehin durch Finanzausgleiche Geld erhalte. »Ich muss doch überlegen, welchen Beitrag ich aktiv leiste. Und wir brauchen zukunftsfähige Arbeitsplätze.«

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