Pohlheim: Gespräche mit Google über Gewerbegebiet - Verkehr als großes Thema

Mehr Grünfläche als geplant, eine Zufahrt bevorzugt mit Kreisel: Ein halbes Jahr nach Übernahme des Gewerbegebiets Garbenteich durch die Revikon GmbH werden die ersten Ergebnisse von Gutachten zu dem Vorhaben bekannt. Auch so manche mögliche Hürde für das Großprojekt deutet sich an.
Bis in Garbenteich die ersten Bagger rollen, wird noch mindestens ein Jahr vergehen. Nachdem die Firma Revikon im Dezember vergangenen Jahres das geplante Gewerbegebiet als Investor übernommen hat, werden inzwischen erste Ergebnisse von Gutachten bekannt. Revikon-Geschäftsführer Daniel Beitlich erklärt indes, welche Unternehmen sich auf dem Gewerbegebiet bevorzugt ansiedeln sollen.
Vor allem Firmen im Bereich Hochtechnologie und Medizintechnik wolle man für das Areal in Pohlheim gewinnen, sagt Beitlich. Noch gebe es keine feste Zusage, erklärt er. »Dafür ist es zu früh, wir sind in der Vorentwurfsphase.« Erst nach einem voraussichtlichen Beschluss im Pohlheimer Stadtparlament am kommenden Donnerstag zur Änderung des Flächennutzungsplans und nach einer anschließenden Offenlegung des Vorhabens könne man beginnen, Nägel mit Köpfen zu machen. »Die Nachfrage ist da«, sagt er. In Corona-Zeiten müsse man sicher abwarten, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt. Beitlich aber äußert sich optimistisch - auch angesichts der Größe des Areals mit rund 20 Hektar Fläche für Gewerbe, Industrie und Unternehmen.
Fest steht bisher immerhin, welches Gewerbe sich nicht auf dem Gelände ansiedeln wird. Großlogistik und einen Autohof schließt der Investor aus. »Es wird auch keinen Einzelhandel, also keine Supermärkte oder Ähnliches geben«, einzig Fabrikverkauf sei möglich. Auch in einem städtebaulichen Vertrag, der mit Pohlheim vor einem Satzungsbeschluss getroffen werden soll, würden derartige Bestimmungen festgelegt. Nach dem Satzungsbeschluss, der im Sommer kommenden Jahres zu erwarten ist, »werden wir sofort mit der Erschließung und den Bauarbeiten beginnen«, sagt Beitlich. Klar ist mittlerweile auch, dass die Ein- und Ausfahrt zum Gewerbegebiet auf der Landstraße zwischen Garbenteich und Lich entstehen soll - und zwar an der Stelle eines asphaltierten Feldwegs schräg gegenüber der FSM Frankenberger GmbH. Ein Verkehrsgutachten legt nahe, dort an der Landstraße einen Kreisel zu bauen, um den Zustrom von bis zu 465 Lkw und Pkw pro Stunde in den Morgenstunden zum Gewerbegebiet, die das Gutachten prognostiziert, staufrei zu regeln.
Vertreter der Freien Wähler in Pohlheim bemängeln, dass die Verkehrsuntersuchung nicht die Frage aufgreift, wie sich das Gewerbegebiet auf den Straßen in Garbenteich und Dorf-Güll auswirken könnte. »Es ist möglich, das nachzureichen«, sagt Beitlich. Doch unternehme man Bemühungen, durch das Aufstellen von Schildern und durch Verkehrsleitsysteme eine Belastung für Dorf-Güll zu verhindern. »Wir reden außerdem unter anderem mit Google, um die Autofahrer, die das Gewerbegebiet ansteuern, per GPS-Steuerung und Navis nicht durch Dorf-Güll zu lenken.« Dafür nehme Revikon 50 000 Euro zusätzlich in die Hand.
Beitlich äußert sich auch zu einer möglichen Bahnstation am Gewerbegebiet. Dies sei zwar weiterhin denkbar, erklärt er. Allerdings würden per Bahn im großen Ausmaß auch Treibstoffe und Schüttgut transportiert; man wolle eher vermeiden, dass für derartige Güter in Garbenteich ein Umschlagplatz entstehe.
Nach ersten Ergebnissen eines Umweltgutachtens steht inzwischen auch fest, dass auf dem Gewerbegebiet mehr Grünflächen als bisher vorgesehen verbleiben werden. Ein Grund ist im Südosten der Fläche im Bereich des ehe- maligen Hundesportplatzes ein gesetzlich geschütztes Biotop. Die frühere Streuobstwiese muss laut Gutachten erhalten werden. Man werde dort weitere Obstbäume pflanzen, kündigt Beitlich an. »Wir wollen uns da keiner Kritik aussetzen.« Man verliere dadurch einen Hektar Gewerbefläche und weitere 1,5 Hektar durch ein nun geplantes Regenrückhaltebecken im Südwesten, wo Ersatzlebensraum für Schmetterlinge, Rebhühner und andere gefährdete Tierarten wie Stieglitz und Goldammer geschaffen werden soll.
Für Nervosität beim Investor dürfte derweil Ende Mai eine Entdeckung der Umweltgutachter gesorgt haben. An einem Feldweg am Gewerbegebiet glaubten sie, einen Bau von Feldhamstern gefunden zu haben, die vom Aussterben bedroht sind. Dieser Fund hätte die Gewerbepläne in Garbenteich stark beeinträchtigen können. Experte Martin Wenisch nahm die Stelle aber in Augenschein und schloss ein Hamstervorkommen dort aus. Nach der Ernte soll das Gelände allerdings noch einmal untersucht werden.
Und eine weitere Entdeckung könnte die Pläne verzögern. Im Norden des Areals befindet sich ein Kulturdenkmal. Das Landesamt für Denkmalpflege berichtet, dass dort eine alt- bis mittelpaläolithische Fundstelle liegt und sich einst im Bereich des Planungsgebiets die mittelalterliche Wüstung Koden befand. Mögliche Folgen für die Bauleitplanung werden zu klären sein. »Das ist ein Risiko«, räumt Beitlich ein. Derartige Kulturdenkmäler gebe es mehrfach im Kreisgebiet. »Ja, das könnte die Arbeiten verzögern.« Aber das Risiko nehme man in Kauf. »Dafür sind wir Unternehmer.«