1. Gießener Allgemeine
  2. Kreis Gießen

»Ob Schloss oder Fertighaus - egal«

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Thomas Brückner

Kommentare

tb_oftherisingsun_240322_4c
Neue Grundsteuer B: Bis Ende Oktober ist die Wohnfläche eines Hauses ans Finanzamt zu übermitteln, dessen Beschaffenheit ist künftig irrelevant. SYMBOLFOTO: TB © Thomas Brueckner

2025 tritt die Grundsteuerreform in Kraft. Doch bereits zwischen dem 1. Juli und 31. Oktober diesen Jahres sind eine Reihe von Angaben zur Ermittlung des Steuermessbetrags ans Finanzamt zu übermitteln. Auch wenn sich Hessen für eine relativ einfache Regelung entschieden hat, auf die Eigentümer von Immobilien kommt einiges an Aufwand zu. Ebenso auf die Kommunen.

Nachgefragt in Laubach.

Wir stehen natürlich den Bürgern zur Seite, wenn sie mit Fragen zur neuen Grundsteuer oder zur Übermittlung der Daten auf uns zukommen«, unterstreicht Jakob Fischer, Leiter der Finanzabteilung des Verwaltungsverbandes Laubach/Lich. Was im Übrigen für den gesamten Fachdienst Steuern mit Manuela Becker, Angelika Haubt und Aaron Urban gelte, die jüngst erst an Schulungen des Finanzamtes teilgenommen haben.

Im Sinne einer bürgernahen Verwaltung wird der Fachdienst ab April im Netz wie im Amtsblatt über die Neuerungen informieren. Darunter eine Checkliste, anhand derer die Eigentümer wissen, welche Angaben ans Finanzamt zu übermitteln sind (möglichst elektronisch per ELSTER-Verfahren).

Dass das Finanzamt naturgemäß das Gros der Reform zu schultern hat und im konkreten Steuerfall der richtige Ansprechpartner ist, versteht sich von selbst. Doch wenden sich viele Bürger bei Fragen an »ihre« Gemeinde, zumal diese die Grundsteuer einzieht, den vom Finanzamt ermittelten Messbetrag mit dem jeweiligen Hebesatz multipliziert - und die »Rechnungen« verschickt.

Dass gerade die für bebaute Anwesen erhobene Grundsteuer B eine Haupteinnahmequelle für viele Kommunen ist, dürfte bekannt sein. Die Reform aber, so die Zusage der »großen Politik«, soll aufkommensneutral erfolgen. Heißt: Die Gesamteinnahmen aus der Besteuerung bebauter und unbebauter Anwesen (Grundsteuer A) sollen gleich bleiben.

Fokus auf der Wohnfläche

Allerdings werden die einen mehr, die anderen weniger zahlen müssen. Eine Folge der Entscheidung der Verfassungsrichter, wie das Land Hessen betont. »Unterschiedliche Grundsteuer für vergleichbare Grundstücke in ähnlicher Lage, das ist ungerecht und soll es künftig nicht mehr geben.«

Wie Fachdienstleiter Fischer erklärt, geht es bei der Reform zunächst um eine Aktualisierung der Berechnungsdaten. Schließlich fußten manche Grundsteuermessbeträge auf Angaben, die bis zur letzten Reform 1964 zurückreichten.

Freilich bestätigt er, dass dem Finanzamt in der Regel doch die aktuellen Daten vorlägen. Muss doch für jeden An- oder Umbau eine Genehmigung beantragt werden - so zumindest das Gesetz.

In Laubach werden aktuell 4925 Immobilien herangezogen, allein die Veranlagungen zur Grundsteuer B machen 4032 Fälle aus. Was also kommt auf diese große Masse an Steuerpflichtigen zu?

Mit der Veröffentlichung besagter Checklisten will der Fachdienst Steuern die Laubacher und Licher frühzeitig informieren. Erwähnt sei an dieser Stelle nur, was das Gros der Steuerpflichtigen, also die Eigner »reiner Wohngebäude«, dem Finanzamt vorzulegen hat.

Zu erklären hat diese Gruppe einzig und allein die Wohnfläche. In Zeiten des Homeoffice sei der Hinweis der Steuerverwaltung angebracht: Arbeitszimmer gehören dazu. Weiter: Terrassen- und Balkonflächen werden in der Regel nur zu 25 Prozent angesetzt. Sind diese aber von »besonderer Qualität«, etwa bei Überdachung oder seitlichem Wetterschutz, können es auch 50 Prozent sein.

Häufig angefragt auch, wie mit Dachgeschossen umzugehen ist. Hier gilt diese Grundregel: Die Fläche unter einer Dachschräge wird bis zu 100 Zentimetern Höhe gar nicht berechnet, von 100 bis 199 Zentimetern ist sie nur mit 50 Prozent, erst ab 200 Zentimetern vollständig als Wohnfläche zu berechnen.

Nicht zur Wohnfläche zählen dagegen Garagen sowie Räume im Keller und Dachböden, die etwa als Lagerfläche dienen. Ebensowenig Nebengebäude wie Scheunen. Oder Gartenhäuser, insofern sie dem Wohngebäude dienen und die Fläche weniger als 30 Quadratmeter beträgt.

Ziel: Gerechter und einfacher besteuern

Neben den primären Angaben zur Wohnfläche, rät Fischer, sollten die Bürger nurmehr die Unterlagen zur Grundstücksgröße als zweitem Berechnungsfaktor raussuchen. Um den dritten, den Bodenrichtwert, brauche man sich nicht zu kümmern, der liege dem Finanzamt in jedem Fall vor. Der Vollständigkeit halber: Der Wert bemisst sich an der (bevorzugten) Lage des Grundstücks, befindet es sich in einem alten Ortskern oder einem Neubaugebiet? Wie ist es um die Infrastruktur bestellt, gibt es zum Beispiel ein Krankenhaus um die Ecke?

Was aber unterscheidet die neue Bemessung der Grundsteuer B von der alten? Im Wesentlichen, so der Fachdienstleiter, gehe es um den Wegfall des vierten Berechnungsfaktors »Beschaffenheit«. Bisher seien ältere Gebäude mit großer Wohnfläche, aber von einfacher Beschaffenheit (etwa Fachwerk) günstiger als neue, massiv gemauerte Häuser besteuert worden. Um dem Gleichheitsgrundsatz zu genügen, aber auch der Vereinfachung der Berechnung wegen, sei dieser Faktor fallengelassen worden.

Fischer pointiert: »Künftig ist es egal, ob es sich um ein Fertighaus oder ein Schloss handelt.«

Auch interessant

Kommentare