Mit Taktgefühl auf Medaillenkurs

Im Juli findet die Weltmeisterschaft der Show- und Marschbands in Kerkrade statt. Mit dabei ist eine Formation aus dem Landkreis Gießen. Das Musikcorps Großen-Linden möchte in den Niederlanden an frühere Erfolge anknüpfen.
Es ist eines der größten Blasmusik-Events der Welt, der »Wereld Muziek Concours« (zu Deutsch: Welt-Musik-Wettbewerb, kurz: WMC) in Kerkrade. Blasmusikformationen aus aller Herren Länder treffen vom 7. bis 31. Juli in den Niederlanden aufeinander. Der Formation mit der besten Bewertung winkt der Weltmeistertitel. Und mittendrin wird auch in diesem Jahr wieder das Musikcorps der Freiwilligen Feuerwehr Großen-Linden sein, um mit seiner neuen Show »Circus« vor Zehntausenden Zuschauern auf Medaillenjagd zu gehen.
Gleich vorweg: Der Weltmeistertitel kann es diesmal nicht werden. Das liegt aber weniger an mangelnden Ambitionen der Großen-Lindener, immerhin blickt der Verein auf eine stolze Vergangenheit zurück, wurde 1974 Weltmeister. Doch für »den diesjährigen Wettbewerb wurden die Regeln geändert«, erklärt Musikcorps-Vorsitzender Christian Liebermann.
Bislang traten die Orchester in drei sogenannten Divisions an, die sich aus Gruppen desselben musikalischen Niveaus zusammensetzen. Die Formation mit der höchsten Wertung in der höchsten Division hatte demnach den Titel samt Weltmeisterfahne gewonnen. In diesem Sommer aber wird auf fünf Divisons aufgestockt. »Wir haben uns dazu entschlossen, in derselben Divison anzutreten wie während der letzten Wettbewerbe. Das ist jedoch nur noch die zweithöchste«, erklärt Liebermann.
So können die Lindener zwar nicht Weltmeister werden, aber immerhin noch eine der Medaillen in ihrer Division erringen. Und nicht weniger hat das Musikcorps vor. »Unser Ziel ist es, zumindest besser abzuschneiden als die anderen deutschen Teilnehmer in unserer Division«, sagt Liebermann. »Soweit wir es aktuell abschätzen können, ist auch die Goldmedaille in unserer Division durchaus realistisch.«
Also bleibt für die Leiter und die Musiker des Musikcorps in den kommenden sechs Wochen noch einiges zu tun: »Gerade läuft der Endspurt unserer Proben«, sagt Phillip Maurer, zweiter musikalische Leiter der Formation. »Aktuell proben wir vor allem noch den Auf- und Abmarsch sowie das Marschieren und gleichzeitige Musizieren. Auch das Spielen aus dem Gedächtnis steht noch auf dem Trainingsplan.«
Die aktuelle Show »Circus« wartet mit einigen Besonderheiten auf: »Bei ›Olympia‹, unserer letzten Show, gab es einige Musikstücke, die erst im Zusammenhang mit der Choreografie im Gesamtbild wirklich Sinn ergeben haben«, sagt Maurer. »Das wird bei ›Circus‹ anders sein. Jedes Musikstück soll bereits für sich allein Bilder eines Zirkus im Kopf des Publikums schaffen.«
In den zwölf Minuten Programm sollen die Zuschauer Elefanten und Kamele, Zauberkünstler und Clowns, Artistik und Tanz erleben. Immer untermalt von passenden Musikstücken wie dem Auftakt mit »The greatest Show« aus dem Film »The greatest Showman«. Der Zauberer betritt zur Titelmelodie von »Harry Potter« die Bühne, gefolgt von Zaubertricks und Queens »It’s a kind of Magic«. Die klassischen Zirkusmelodien, wie die von Zirkus Lenz oder von Zirkus Salto Mortale, dürfen auch nicht fehlen. Eine weitere Besonderheit in der diesjährigen Show wird ein Trompeten-Solo von Lars Gerrit Schmidt sein.
Dazu kommt, dass die neue Show nicht nur bei den Marschformationen deutlich anspruchsvoller als ihre Vorgänger sein wird, auch musikalisch hat sie es in sich: »Die Spieldauer der Musik ist zwar kürzer als bei den Vorgängern, dafür ist die Taktzahl höher - die Lieder werden alle sehr schnell gespielt. Dabei stoßen die Musiker schnell an ihre Grenzen, besonders wenn es um das gleichzeitige Marschieren geht, dass mal genauso schnell und mal langsamer als der Takt ausfällt.« Dass die Grenze des Leistbaren nicht überschritten wird, liegt auch am musikalischen Arrangement, das vom Niederländer René Leckie zusammengestellt wurde. Leckie hat schon häufiger mit dem Musikcorps gearbeitet. »Er weiß ganz genau, was er uns musikalisch abverlangen kann und was nicht. Er kennt unsere Stärken und Schwächen«, sagt Maurer.
Jedenfalls ist die Stimmung im Musikcorps aktuell sehr gut, berichtet Maurer. Die Proben laufen alle nach Plan und man ist kurz vor deren Abschluss. Zumindest sieht es derzeit danach aus: »Alle Beteiligten merken langsam, dass das Tempo anzieht und der WMC näherrückt. Bei manchen macht sich auch langsam die Nervosität bemerkbar. Der Wettbewerb wird für alle greifbar«, sagt Maurer.
Ob die neue Show dann auch im Juli bei den Wertungsrichtern in den Niederlanden gut ankommen wird, das lässt sich noch nicht sagen. Doch Maurer ist guter Dinge: »Wir werden zeigen, was wir können. Es gibt auf jeden Fall noch mehr Musikcorps Großen-Linden als bei den Shows davor.«