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Millionen-Projekt in der Rabenau

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Von: Rüdiger Soßdorf

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Das Kompostwerk nahe Geilshausen wird saniert und erweitert. © Thomas Brueckner

Seit Jahren schon wird im Kreis Gießen über Energiegewinnung aus Grünabfall nachgedacht. Jetzt ist eine Bioabfallvergärung beim Kompostwerk in der Rabenau beschlossene Sache. Mit dem gewonnenen Gas sollen Strom und Wärme erzeugt werden.

Es dürfte die seit Jahren größte und teuerste Einzel-Investition des Landkreises sein: Für geschätzte 26 bis 27 Millionen Euro soll das Kompostwerk in der Rabenau saniert und erweitert werden. Seit 1996 betreibt der Kreis dort eine Kompostierungsanlage nahe Geilshausen. Am Montag hat der Gießener Kreistag unter Vorsitz von Claus Spandau (CDU) die Weichen dafür gestellt, zum einen die bestehende Kompostierung zu ertüchtigen und zum anderen eine Bioabfallvergärung zu bauen. Mit dieser Technologie wird aus den Grünabfällen, die in den grünen Tonnen gesammelt werden, Biogas gewonnen. Das soll Blockheizkraftwerke speisen, die wiederum Strom und Wärme produzieren. Bereits in vier Jahren könnte die neue Anlage ihren Probebetrieb aufnehmen. Dazu herrscht im Grundsatz Einigkeit quer durch alle Fraktionen.

Für die Oppositionsparteien SPD und FDP sind noch zahlreiche Fragen offen, Dennis Pucher (FDP) hätte sich vom zuständigen Dezernenten Christian Zuckermann (Grüne) mehr Erklärung gewünscht. »Wir reden von einem 27-Millionen-Euro-Invest, und der Dezernent stellt die Vorlage noch nicht einmal mehr vor«, ging er den Grünen an. Und legte nach: »Der Dezernent lässt’s halt gerne mal laufen…«

Vermisst wird von den Liberalen zudem eine genaue Kalkulation zu den Auswirkungen auf die künftigen Abfallgebühren. Auch fehle eine Stellungnahme des Klimaschutz- und Energiebeirates des Kreises. Dort sei doch fachliche Kompetenz versammelt. Puchers ernüchterndes Fazit: »Zuckermann hat sich auf der Koalitionsmehrheit ausgeruht und nicht das ganze Haus mitgenommen«.

Der dergestalt Gescholtene verteidigte sich mit Verweis auf zwei Fachausschusssitzungen, Besichtigungstermine vor Ort, etc. »Mehr an Offenheit und Transparenz kann man nicht bieten. Bei welcher Vorlage sind Sie in der Vergangenheit je so gut informiert worden?«

Auch die SPD war am Montag noch unzufrieden mit dem Verfahren. Abfall-Experte Karl-Heinz Funck beklagte die wenig präzise Klärung der Frage, wer die mit dem Gas in Blockheizkraftwerken produzierte Wärme denn abnehmen solle. Erst auf mehrfache Nachfragen habe Zuckermann erklärt, dass die Ertüchtigung und Erweiterung des Kompostwerks einhergehen werde mit dem Erschließen und Besiedeln des 22 Hektar großen Gewebegebiets »Lumda« an der A5, einem Gemeinschaftsprojekt von Grünberg, Rabe-nau und Allendorf. Unternehmen dort sollen mit Strom und Wärme versorgt werden. Da vermisst die SPD bislang die Beschlüsse, hätte gerne mehr Verbindlichkeit. Bislang stehe das geplante Gewerbegebiet »nur am Horizont«, beklagte Co-Fraktionsvorsitzende Sabine Scheele-Brenne. Funck appellierte an die Kommunen, »alle Kraft daranzusetzen, dass wir das gemeinsam hinbekommen«.

Zuckermann räumte ein, dass er nicht mit Bestimmtheit sagen könne, dass die Gewerbegebietsentwicklung und der Bau der Bioabfallvergärung zeitlich miteinander hergehen. Die Kommunen rechneten mit einem »zeitnahen Start«. Vorplanungen, Gespräche und noch abzuschließende Verträge befänden sich »in den letzten Zügen«.

Kurt Hillgärtner von den Freien Wählern, ehedem Bürgermeister von Rabenau, unterstrich derweil die Notwendigkeit der Sanierung, denn in den vergangenen Jahren sei dort nichts investiert worden. Der Standort sei »bestens geeignet und zukunftsfähig«. Mit einer der Kompostierung vorgeschalteten Vergärung und Gasproduktion trete man in die Energiegewinnung ein: »Ökologisch sinnvoll«, so Hillgärtner. »Energie aus der Region für die Region«.

Zudem soll untersucht werden, wie die Abfallwirtschaft im Kreis künftig organisiert wird. Die bisherige Organisationsform als Regiebetrieb stoße an Grenzen. Schon im September soll ein Zwischenbericht vorliegen. Dann soll über das weitere Vorgehen entschieden werden. Diesen Punkt mochte die SPD nicht mitgehen, stimmte dagegen.

Es sei nicht nötig, die Frage der Strukturen mit der Ertüchtigung und Erweiterung der Anlage in der Rabenau zu verbinden, kritisierte die Opposition und beantragte getrennte Abstimmung. Das Ergebnis blieb derweil klar: Auch die Klärung der Frage der künftigen Organisation der Abfallwirtschaft ist auf dem Weg; außer der SPD votierten alle andere Fraktion im Kreistag für die Untersuchung.

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