Bürgerbeteiligung ist das A und O

Lollar (vh). Ob die Kernstadt Lollar es schafft, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu werden, hängt wesentlich von Bürgerbeteiligung ab. Klimaschutzmanagerin Dorina Ludwig unterstreicht: »Jeder muss mit anpacken.« Zur Auftaktveranstaltung für ein Quartierskonzept kamen am Montagabend so viele Zuhörer ins Bürgerhaus wie seit Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr.
Bereits im Vorfeld hatten die Hausbesitzer Fragebögen erhalten. Nun zeigten sie riesiges Interesse und stellten den Referenten schier unzählige Fragen. Auf Initiative des städtischen Energie- und Klimabeirats war die Beratungsfirma EnergyEffizienz (Sitz: Lampertheim) im Dezember 2021 in Lollar zwecks Bestandsaufnahme angekommen.
Bürgermeister Dr. Bernd Wieczorek berichtete über den Zweck des Vorhabens. Auf das energetische Quartierskonzept solle die energetische Stadtsanierung folgen. Technische und wirtschaftliche Voraussetzungen würden durch die Firma ermittelt. Der Beirat habe sich zusammen mit Ludwig um Förderanträge gekümmert. Der Bürgermeister bekräftigte die Klimaschutzmanagerin mit den Worten: »Nur beim Mitmachen kann der Prozess erfolgreich sein.«
Dr. Philipp Schönberger, Mitgeschäftsführer EnergyEffizienz, stellte fest: »Die Erstellung eines Konzepts spart natürlich noch kein Co2 ein.« Bei der Analyse für das Vermeiden fossiler Energieträger kooperiere die Firma mit der RWTH Aachen (Hochschule).
Mit Wärmepumpen statt Öl- oder Gasheizungen, Wärmenetzen und Fotovoltaik sowie Wärmedämmung an Gebäuden nannte Schönberger eingangs das aktuelle Gebot der Stunde zur Vermeidung von Kohlendioxid. Das ausgesuchte Quartier, die Kernstadt Lollar, sei recht groß. Es umfasse über 1000 Gebäude mit 6600 Einwohnern. Auf dieser Fläche zählten Wohn-, Gewerbe- und Industriegebiete dazu.
Experte spricht von »Monsteraufgabe«
Die laufende Bestandsaufnahme betreffe die öffentlichen Gebäude. Erfasst werde deren energetischer Ist-Zustand. Daraus würden verschiedene Sanierungsvarianten entwickelt. Private Hauseigentümer könnten diesen Service kostenlos beanspruchen. Voraussetzung sei das Ausfüllen eines Fragebogens (bei Bedarf schickt Ludwig diesen zu).
Die Firma erstelle daraufhin jedem Gebäude einen vierseitigen Steckbrief mit Vorschlägen fürs individuelle Energiesparen. Es hänge ab von der Bürgerbeteiligung, wie lange das Ausstellen der Gebäudesteckbriefe dauere, sagte Schönberger. Weil die Förderung für das Quartierskonzept Ende November auslaufe, sei das der späteste Zeitpunkt. Ludwig sprach diesbezüglich von einer »Monsteraufgabe«. Nachfolgend schließe sich die dreijährige Sanierungsphase an, das praktische Umsetzen der Vorschläge durch Hauseigentümer. Währenddessen werde auch Beratung offeriert. Gerade der Umstieg bei den Heizungsanlagen werde bis zu 50 Prozent finanziell gefördert. Wieczorek betonte die Freiwilligkeit der Beteiligung.
Wer einen Gebäudesteckbrief erhalten habe, müsse trotzdem nicht unbedingt auch handeln. Andererseits gab der Bürgermeister zu bedenken: »Die Bundesregierung schafft rechtliche Rahmenbedingungen. Irgendwann müssen wir davon etwas umsetzen.« Schönberger informierte, die Förderprogramme seien budgetiert. Man wisse nie, wie lange sie ausreichten. Insofern sein Rat: »Lieber schnell Anträge stellen.« Für die Konzept- erstellung führe die Firma auch Gespräche mit den regionalen Energieversorgern. Im April erfolge eine Quartiersbegehung, in deren Rahmen die Gebäude fotografiert würden.
Abschließend informierte Franz Borgmann, Vorstandsvorsitzender der 2010 in Buseck gegründeten Bürger-Energiegenossenschaft Sonnenland über die Modalitäten der Beteiligung. Man plane und baue PV-Anlagen (Dächer und Freiflächen), Solarparks und neuerdings den Windpark Lumdatal (Stadtwald Staufenberg).
Info: Klimaschutzmanagerin Dorina Ludwig (Tel. 0 64 06/92 01 42, E-Mail dorina.ludwig@ lollar.info) , per Energieberater (www.dena.de), zur Förderung (www.bafa.de - www.kfw.de) und zur Energiegenossenschaft (www.sonnenland-eg.de).