1. Gießener Allgemeine
  2. Kreis Gießen
  3. Linden

Was von »Linden 2036« bleibt

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Constantin Hoppe

Kommentare

con_Ortseinfahrt_Groszen-_4c
Bei dem ersten Arbeitstreffen im November 2018 präsentierten die Planer den Lindener Stadtverordneten ein Bild des Lindener Ortseingangs. Das Willkommensschild direkt neben den Abfallcontainern sorgte damals für betretenes Schweigen. Geändert hat sich in den vergangenen drei Jahren daran allerdings nichts. © Constantin Hoppe

Das Projekt »Linden 2036« sollte eine Grundlage für die zukünftige Entwicklung der Stadt schaffen. Doch das erhoffte, große Interesse aus der Bevölkerung blieb aus. Was ist zwei Jahre nach der Abschlussveranstaltung von dem Projekt geblieben?

Als sich die Planer der »Arbeitsgruppe Stadt« aus Kassel für das Projekt »Linden 2036« als Partner anboten, präsentierten sie ein Foto: Der Ortseingang von Großen-Linden aus Richtung Langgöns. Das große Willkommensschild, direkt neben Abfallcontainern. »Das Bild sorgte damals für eine peinliche Betroffenheit unter den anwesenden Stadtverordneten«, berichtet der Vorsitzende der Lindener FDP Sven Deeg im vergangenen Jahr in einer Pressemitteilung. Und heute? Da grüßt das Ortsschild noch immer gemeinsam mit den Abfallcontainern die Besucher der Stadt - oder zumindest den durchfahrenden Verkehr. Zumindest hier hat sich in direkter Folge des Projekts »Linden 2036« nichts getan. Das könnte sich aber schon bald ändern: Noch in diesem Jahr sollen die Ergebnisse des Prozesses im Stadtparlament vorgestellt werden, wie Bürgermeister Jörg König mitteilte.

2016 beschloss das Lindener Stadtparlament fraktionsübergreifend das Projekt »Linden 2036«. Mit dieser sollten Lösungen für die großen Probleme der Stadt gefunden und ein Fahrplan für die Zukunft Lindens aufgestellt werden. Dazu gehörte, Lösungen für die Verkehrsproblematik in der Stadt, eine Attraktivitätssteigerung für die Bevölkerung oder Möglichkeiten zum modernen Wohnen und Arbeiten zu finden.

65 000 Euro gab die Kommune für diese Zukunftsvision aus - die jedoch nur auf geringes Interesse aus der Bevölkerung stieß. Zu den vier Veranstaltungen mit Bürgerbeteiligung kamen zusammengezählt nicht einmal 200 Personen, um sich zu beteiligen. Meist waren es dieselben die Ideen zur Zukunft ihrer Stadt beisteuerten.

Ein weiteres Standbein des Konzepts war eine Online-Befragung der Bevölkerung im Winter 2018/2019. Auch diese fand nur wenig Zuspruch: 279 Bürger nutzten die Möglichkeit, sich hier einzubringen - gerade einmal zwei Prozent der damals rund 13 000 Einwohner Lindens.

Verkehrsbelastung das Hauptproblem

Im März 2020 wurden die Ergebnisse aus dem Prozess präsentiert. Geschehen ist seitdem wenig: An den damals genannten Kritikpunkten hat sich in den vergangenen zwei Jahren kaum etwas gändert.

Besonders die Verkehrsbelastung beschäftigte die Umfrageteilnehmer: Wünsche nach der Reduzierung des motorisierten Verkehrs im Stadtgebiet sowie den besseren Ausbau von Wegeverbindungen für den Radverkehr und Fußgänger wurden in der Befragung laut. 232 der Teilnehmer - das sind 83 Prozent - waren der Auffassung, dass es Probleme und Gefahrenpunkte an den Durchfahrtstraßen gibt. Zudem wurde die Reduzierung von Schadstoffen und Lärm gewünscht und eine Verkehrsberuhigung vorgeschlagen.

Zumindest in Sachen Radfahrer gab es in den letzten Monaten kleiner Veränderungen: Auf dem Mittelweg in Großen-Linden wurde im Oktober des vergangenen Jahres eine Fahrradstraße als Teil eines Verkehrsversuchs eingerichtet. Hierzu steht aktuell noch ein Treffen mit der Polizei bevor, bei dem es um die Möglichkeit einer dauerhaften Fahrradstraße gehen soll, wie der Bürgermeister in der vergangenen Sitzung des Stadtparlaments mitteilte. Zudem soll die Verkehrssituation in der Frankfurter Straße durch eine Verbreiterung der Gehwege sicherer gestaltet werden.

Ein weiteres Anliegen der Bürger ist die Weiterentwicklung des Gebäudebestands - will heißen: Es gibt Leerstände und viele ältere Gebäude benötigen eine Modernisierung.

Der dritte große Kritikpunkt der Befragten war die Situation der Grünflächen im Stadtgebiet. Während die Stadt Linden an ihren Rändern mit der Grube Fernie und dem Bergwerkswald Naherholungsgebiete aufweisen kann, fehlen solche aus Sicht der Befragten innerhalb der Ortslage fast völlig. Zwar gab es im Februar 2020 einen Satzungsbeschluss, öffentliche Grünflächen nachhaltig zu bepflanzen, doch gerade in den vergangenen Wochen wurden mehrere Grünflächen versiegelt, beispielsweise in der Ludwigstraße. Es bleibt also noch viel zu tun. Dafür machte der Abschlussbericht von »Linden 2036« einige Vorschläge.

Handlungsbedarfe ausgearbeitet

Für eine mögliche Entwicklungsstrategie der Stadt Linden sahen die Planer in ihrem Konzept eine ganze Reihe von Ansatzpunkten vor: Einer der wichtigsten ist das »Wohnen im Alter«. Ein Problem, dass die Kommune aus Sicht der Planer in den kommenden Jahren besonders beschäftigten wird.

Hierzu sollten barrierefreie Wohnräume geschaffen werden, um den Auswirkungen des demographischen Wandels zu begegnen.

Weiteren Handlungsbedarf in Sachen Verkehr sahen die Planer in der Stärkung der Nahmobilität, etwa durch den Ausbau von Fuß- und Radwegen. Hierfür sahen die Planer Investitionen von 200 000 Euro im Zeitraum 2025 bis 2028 vor. Auch der »ruhende Verkehr« sollte im Stadtgebiet neu geordnet werden, wofür mit Kosten von 60 000 Euro gerechnet wird.

Inwieweit diese Handlungsbedarfe schließlich in ein fertiges Konzept zur Stadtentwicklung Eingang finden, wird sich erst zur Präsentation der Ergebnisse zeigen. Doch selbst wenn in diesem Jahr die Auswirkungen von »Linden 2036« für die zukünftigen Entwicklungen der Stadt vorgelegt und beschlossen werden sollten - was das Konzept letzten Endes wert war, wird sich erst rückblickend in 14 Jahren zeigen.

Auch interessant

Kommentare