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Personallage „dramatisch“: Im Rathaus Linden kämpft man um Handlungsfähigkeit

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Von: Stefan Schaal

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Kündigungen im zweistelligen Bereich, zahlreiche Krankheitsfälle in Führungspositionen: „Wir brauchen dringendst Unterstützung“, heißt es aus dem Rathaus in Linden.

Linden - Der Erste Stadtrat Lindens, Harald Liebermann, der nach dem Rückzug Jörg Königs als Bürgermeister interimsweise die Geschicke im Rathaus leitet, hat auf eine äußerst angespannte Lage beim Personal der Stadtverwaltung hingewiesen. »Die Situation ist dramatisch«, sagte er am Dienstag während der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses. »Wir müssen nachsteuern.«

Liebermann hatte kürzlich bereits im Gespräch mit dieser Zeitung auf die schwierige Situation angesichts von Kündigungen im zweistelligen Bereich in der Verwaltung im vergangenen Jahr und vor dem Hintergrund zahlreicher Krankheitsfälle aufmerksam gemacht. Es gehe maßgeblich darum, das Personal zu konsolidieren, hatte er gesagt.

Verwaltung in Linden in der Krise: Keine strukturierten Führungsvertretungen etabliert

Ein hausgemachtes Problem dabei: Im Lindener Rathaus sei keine strukturierte Vertretung von Führungskräften etabliert, sagt Liebermann. Der Leiter des Bauamts ist seit November krankgeschrieben, eine Vertretung existiere überhaupt nicht. »Es kann doch nicht sein, dass dann die Arbeit komplett liegen bleibt.« So drohe Stillstand, was beispielsweise Investitionen angeht. Durch einen zusätzlichen Unfall im Bereich der Auftragsvergabe komme man derzeit in manchen Bereichen der Verwaltung nicht mehr voran. »Wir brauchen dringendst Unterstützung.«

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Ein hausgemachtes Problem: Im Lindener Rathaus sei keine strukturierte Vertretung von Führungskräften etabliert, kritisiert der Erste Stadtrat Harald Liebermann. »Es kann doch nicht sein, dass bei Ausfällen die Arbeit komplett liegen bleibt.« © Stefan Schaal

Liebermann hat in den vergangenen Wochen erste Ideen entwickelt. Über eine Stiftung beispielsweise soll interimsweise eine Fachkraft gefunden werden. Im Personalamt, wo die Leiterin seit Sommer krankgeschrieben ist, soll gleichzeitig eine neue Vollzeitkraft gefunden werden. »Dort benötigen wir einen Profi«, sagte Liebermann. Seine Anregungen will Liebermann demnächst mit dem Ältestenrat besprechen, »damit wir auf einen Weg kommen«.

Stadtverwaltung Linden fehlt Personal: „Wenn wir Stellen befristet ausschreiben, kriegen wir niemanden“

Allein in der vergangenen Woche habe er drei neue Kündigungen zur Kenntnis nehmen müssen. Zum großen Teil sei der Kita-Bereich betroffen.

Problematisch gestalte sich die Stellensuche in mehreren Bereichen auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der Konkurrenz mit anderen Städten und Gemeinden. »Wenn wir Stellen befristet ausschreiben, kriegen wir niemanden«, sagte Liebermann.

Durch studentische Aushilfen werde versucht, für Entlastung zu sorgen. Kürzlich hat Liebermann die offene Sprechstunde im Rathaus abgeschafft, um Personal zu unterstützen. »Ein Ziel war ja, Optimismus zu verbreiten«, erklärte Liebermann am Dienstag. »Das ist aber schwierig, weil das Personal an Belastungsgrenzen arbeitet.«

Linden: Personalsituation in Stadtverwaltung sorgt schon lange für Diskussionen

Die Personalsituation in der Stadtverwaltung ist seit einem Jahr eines der beherrschenden Themen auf politischer Ebene in Linden. Die Diskussion darüber hatte Anfang vergangenen Jahres in den Haushaltsberatungen zu einem offenen Konflikt zwischen dem bisherigen Bürgermeister Jörg König und den Fraktionen im Parlament geführt. König pochte darauf, 14 zusätzliche Stellen in der Verwaltung der Stadt zu schaffen - und blieb damit ohne jegliche Unterstützung allein auf weiter Flur. Das Parlament gestand König damals als Entgegenkommen 4,5 zusätzliche Vollzeitstellen zu.

3,5 Stellen seien in diesem Zusammenhang inzwischen besetzt, berichtete Liebermann. Eine Position zur Unterstützung des Leiters des Ordnungsamts gehe aktuell in die Ausschreibung.

Verwaltung in Linden in der Krise: Für mehrere Stelle noch nicht einmal ausformulierte Beschreibungen

Mit Spannung ist unterdessen zu erwarten, wie externe Gutachter den Stellenbedarf und die Personalstruktur einordnen. Dass es in den kommenden Wochen zu einer derartigen Überprüfung kommt, hat das Stadtparlament nach einem Antrag von CDU, Freien Wählern und Grünen beschlossen.

Liebermann hat indes darauf hingewiesen, dass für mehrere Stellen in der Verwaltung noch nicht einmal ausformulierte Beschreibungen vorliegen. Dies ist Voraussetzung dafür, dass die Gutachter auch Einordnungen vornehmen können. Dies bedeutet, dass in diesem Zusammenhang noch Vorarbeit zu leisten ist. (Stefan Schaal)

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