Linden: Nach Attacke nun Maulkorb- und Leinenzwang
Linden (agl). Im Dezember erregten in Linden einige Attacken von Hunden gegen Hunde Aufmerksamkeit (die Gießener Allgemeine Zeitung berichtete). Am Donnerstag fragte die Redaktion beim Ordnungsamt der Stadt nach dem aktuellen Stand.
Während bei einem Fall die Hundehalterin um eine Verlängerung der Frist für eine Stellungnahme gebeten hat und in einer weiteren Angelegenheit derzeit noch unklar ist, wer Halter des Hundes ist, läuft bezüglich der beiden Schäferhunde, die in der Bahnhofstraße aus einem Fenster gesprungen sind und einen Dackel übel zugerichtet haben, das Ermittlungsverfahren. Wie das Ordnungsamt mitteilte, beziehe sich dieses Verfahren nicht ausschließlich auf den Vorfall, sondern auch auf weitere Ereignisse, die bereits zuvor passiert sein sollen. Aktuell gelte die Anordnung der städtischen Behörde auf Maulkorb- und Leinenzwang für die beiden Hunde.
Je nach Ausgang des laufenden Verfahrens könnte ein Wesenstest zwingend erforderlich sein. Nach aktuellem Stand seien die Hunde als »gefährlich« anzusehen. Jedoch stehe die endgültige Entscheidung noch aus. Die Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden beinhaltet unter anderem eine Liste mit Hunderassen, die als gefährlich einzustufen sind – was auch für Kreuzungen der Rassen untereinander oder dieser mit Hunden anderer Rassen gilt.
Herausforderung Wesenstest
Außerdem sprechen laut Verordnung folgende Kriterien dafür, dass ein Hund als gefährlich einzustufen ist: Demnach trifft dies auf Hunde zu, die »einen Menschen gebissen oder in Gefahr drohender Weise angesprungen haben, sofern dies nicht aus begründetem Anlass geschah«. Als zweites Indiz wird der Fall angenommen, dass ein anderes Tier durch Biss geschädigt wird, ohne selbst angegriffen worden zu sein – oder ein Hund beißt einen anderen Hund, obwohl letzterer eine erkennbar artübliche Unterwerfungsgestik gezeigt hat. Weitere Hinweise auf Gefährlichkeit des Vierbeiners: Er hat durch sein Verhalten gezeigt, dass er unkontrolliert andere Tiere hetzt oder reißt; oder man muss wegen seines Verhaltens davon ausgehen, dass er Menschen oder Tiere ohne begründeten Anlass beißt.
Um entlastende oder belastende Hinweise für den Hund herauszufiltern, ist eine Prüfung, der sogenannte Wesenstest, notwendig. Das Regierungspräsidium Darmstadt ist diesbezüglich zuständig und macht klare Vorgaben zu Rahmenbedingungen und Ablauf.
Unter anderem heißt es in der Vorschrift, dass »der Hund in normaler Alltagssituation, möglichst mit anderen Hunden, Fußgängern, Autos, Radfahrern, Skatern, Joggern, Kinderwagen und Kindern sowie anderen Tieren angeleint zu konfrontieren« sei. Einige dieser Situationen sind Pflicht.
Der Hund müsse ebenso dichtes und hastiges Vorbeigehen und Streifen ertragen, wie auch laute Alltagsgeräusche, beispielsweise das Herablassen eines Rollladens und plötzliche visuelle und laute akustische Reize (beispielsweise das Aufspannen eines Regenschirms, ein lauter Knall, Schrei, Autohupen). »Drohen wie beispielsweise Knurren in adäquaten Situationen ist erlaubt, wenn es biologisch nachvollziehbar und von der Halterin oder dem Halter beeinflussbar ist.« Während des Wesenstests muss der Hund in belastende Situationen gebracht werden, Schläge dürfen also angedeutet und beispielsweise eine Flucht des Angreifers nachgestellt werden.
Die Halterin der Dackeldame, die im Dezember in der Bahnhofstraße in Großen-Linden von zwei Schäferhunden angegriffen worden war, hat unterdessen bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet. Dort gebe es ein Aktenzeichen, und die Behörde müsse wegen gefährlicher Hundehaltung ermitteln. Außerdem hat die Lindenerin, wie sie am Donnerstag im Gespräch mit dieser Zeitung weiter informierte, einen Rechtsanwalt eingeschaltet, um die Kosten für die Behandlung ihres Hundes erstattet zu bekommen. Ihrem Tier gehe es besser, es habe aber immer noch Angst und eine »mandarinengroße Beule an der Seite«, die sich hoffentlich nicht infiziere. Ihr Vierbeiner sei – abgesehen vom Kopf – komplett geschoren. »Der Hund ist schon verändert«, sagte die Besitzerin.
Aber auch sie selbst habe sich verändert, habe Angst, wenn sie mit ihrem Dackel gemeinsam das Haus verlasse. Das tue sie nicht mehr ohne Abwehrspray.
Nach wie vor Schmerztabletten
Die Halterin eines anderen Dackels – auch der Fall wurde in dieser Zeitung geschildert – hat ebenfalls Anzeige erstattet. »Es geht uns besser«, sagte die Frau am Donnerstag, aber weder sie, noch ihr Hund hätten den Angriff vollständig weggesteckt. Nach wie vor bekomme ihr Dackel Schmerztabletten, und ein rechtes Bein sei noch nicht in Ordnung. »Er lässt den Kopf nicht hängen. Ich bin froh, dass ich ihn noch habe. Er wurde in der Tierklinik sehr gut behandelt.« Auf den Kosten sitze sie noch; für den Klinikaufenthalt des Hundes fallen 2000 Euro an, hinzu kommt Geld für die Tierärztin.
Die Besitzer der Schäferhunde, welche in der Bahnhofstraße den Dackel angegriffen hatten, wollten auf Anfrage dieser Zeitung am Donnerstag keine Auskunft geben.