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Neuer Burgerladen im Kreis Gießen mit besonderer Geschichte - „Glaube es selbst nicht“

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Von: Stefan Schaal

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Der gebürtige Syrer Youssef Mardini hat in Linden (Kreis Gießen) einen Burger-Laden eröffnet. Dabei setzt er auf seine Familie und regionale Produkte.

Linden – Vor sechs Jahren ist Youssef Mardini mit seiner Familie vor dem Krieg in Syrien geflüchtet. Nun eröffnet er in Linden sein zweites Restaurant, verkauft täglich 400 Burger. Und der Existenzgründer, der in seiner Heimat Wirtschaftswissenschaften studiert hat, will weiter expandieren.

Youssef Mardini sitzt in seinem Restaurant und schüttelt leicht den Kopf. »Ich glaube es selbst nicht«, sagt der 28 Jahre alte Gastronom. Sein Laden, den er vor zwei Wochen in Linden eröffnet hat, brummt. »Ich habe keine große Werbung gemacht«, sagt er.

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Die 16 Burger auf der Speisekarte tragen Namen wie Helmut, Franz und Klaus. © Stefan Schaal

Linden (Kreis Gießen): Burger-Laden-Besitzer aus Syrien ist seit sechs Jahren in Deutschland

Erstaunlich ist allerdings vor allem der Hintergrund Mardinis und seiner Familie: Sechs Jahre ist es her, da sind sie in höchster Not als Kriegsflüchtlinge aus Syrien über die Türkei und Bulgarien zu Fuß geflüchtet. Mardini arbeitete in Deutschland zunächst als Pfleger in einem Krankenhaus, um über die Runden zu kommen und um sich etwas aufzubauen. Dann gründete er vor zweieinhalb Jahren mit seinen Eltern und seinen Geschwistern in Butzbach ein Lokal. Sie übernachteten anfangs im Laden, weil sie alles ins Restaurant gesteckt hatten und sich die Kaution für eine Wohnung nicht leisten konnten. Und nun führt Mardini, der in seiner syrischen Heimat Wirtschaftswissenschaften studiert hat, zwei Burger-Lokale in Butzbach und Linden, beschäftigt insgesamt 18 Mitarbeiter.

Mardinis Mutter steht in der Küche am Grill, sein Vater fährt Waren zwischen Linden und Butzbach hin und her, die Schwester bedient mit außergewöhnlicher Freundlichkeit die Kunden. »Uns ist wichtig, dass die Familie zusammenbleibt«, sagt Mardini. Dass sie anfangs keine Erfahrung in der Gastronomie hatten, sei »ein Vorteil«, erklärt er. »Weil wir das Essen wie für uns selbst zu Hause zubereiten«, sagt er. »Frisch und ausschließlich mit Zutaten aus der Region.«

Linden (Kreis Gießen): Zweiter Burger-Laden bereits eröffnet

Mardini verzichtet auf Tiefkühl-Pattys, sie werden im Laden in Linden täglich früh morgens frisch vorbereitet und gepresst. »Das Fleisch bekommen wir von einem Schlachter in Rüsselsheim, die Kartoffeln der Sorte Agria für die Pommes von einem Bauern in Pohl-Göns.«

Da er nun seit Februar zwei Restaurants unter dem Namen »Burger & More« führt und somit nun die doppelte Menge einkauft, beziehe er Fleisch und Kartoffeln zu etwas günstigeren Preisen pro Kilo. »Dadurch kann ich trotz Inflation die Preise für die Burger halten«, sagt er. »Und weil wir regional einkaufen, halten wir die Ausgaben für den Transport von Waren in Grenzen.«

Standorte für Burger-Laden in Linden und Butzbach

Mardini will, dass sein Restaurant als hessisches Unternehmen wahrgenommen wird, bemüht sich um regionale Siegel für Nachhaltigkeit. Auf seinem Handy zeigt er stolz das Foto einer Urkunde, die ihm die Wetterauer Repräsentatin des »Bundesverbands mittelständische Wirtschaft« im November vergangenen Jahres überreicht hat, für »herausragende unternehmerische Leistungen«. Er sei dankbar, dass er sich als Existenzgründer entfalten könne. Mit seinem Restaurant wolle er »etwas zurückgeben«.

In Linden hat Mardini seinen zweiten Standort eröffnet, weil der Laden in Butzbach aus allen Nähten zu platzen drohte. »Wir bereiten nun das Fleisch und die Zutaten für beide Restaurants in Linden vor«, berichtet Mardini. »Wir haben hier 140 Quadratmeter Platz.« Ein ganzer Raum ist dort allein für die Burger-Presse reserviert.

Linden (Kreis Gießen): Mardini bietet auch vegane Burger an

Ein kleines Kreuz aus Holz hängt an der Wand des Restaurants. »Wir gehören der kleinen christlichen Minderheit aus Syrien an«, sagt Mardini. Die 16 Burger auf der Speisekarte tragen Namen wie Helmut, Franz und Klaus. Die Pattys bestehen zum großen Teil aus Rindfleisch, doch Mardini bietet auch vegetarische und vegane Burger an mit Pattys aus Falafeln, Kartoffeln und gegrilltem Gemüse. Auch Getränke wie ein Waldbeer-Milchshake und eine Minzlimonade sind hausgemacht.

Bevor Mardini in der Bahnhofstraße 85 in Linden sein Restaurant eröffnet hat, waren unter der Adresse mehrere Lokale wie zuletzt eine Pizzeria nur für wenige Monate beheimatet. Der Gastronom ist überzeugt, dass er länger bleiben wird. 400 Burger verkaufen er und sein Team an beiden Standorten in Linden und Butzbach täglich. Mardini träumt bereits von einem weiteren Restaurant, eine Kette schwebt ihm vor. »Als Nächstes will ich in Gießen einen Laden aufmachen.« (Stefan Schaal)

In Linden gab es gerade erst etwas zu Feiern. Lindens Mr. Ehrenamt wurde 75 Jahre alt.

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