Die Gesprächsrunde und das »Laastener Platt«

Beim letzten Stubengespräch in der Leihgesterner Heimatstube war der bekannte Dialektforscher und Mundartpfleger Karl-Heinz Theiß zu Gast beim Heimatverein. Und mit diesem speziellen Gast woar aach die Moddersproch, doas »Laastener Platt« der vordergründig durchgängige Kommunikationssound des Abends. Nur zur Erläuterung manch nicht verständlicher Worte aus anderen mittelhessischen Region oder gar einem Nachbarort musste Theiß mit der hochdeutschen Sprache übersetzen.
Da jedoch die anwesenden Gäste überwiegend sprachbegabte Plattschwätzer waren, musste Theiß nur wenige Erläuterungen zu Aussprache und Begrifflichkeiten machen und konnte schnell mit seinen Geschichten und Gedichten tiefgründige und heiter auf den Punkt gebrachte Lebenssituationen schildern.
Stellvertretend sei dieses kleine Zwiegespräch aus lange vergangenen Tagen erwähnt: »Die Schul, däi had schu ohgefange, do kohm de Max, där Gleene, irschd gegange.
De Schullährer saad räschd ärjerlich: ›Der Max der wird ganz liederlich. Zum zweiten Mal kommt er zu spät. Wo soll das hingehen, wenn das so weitergeht?‹ ›Joa‹ saad de Max ean niggt eamoo, ›aich hu noch die Gaas bein Bock gedoo.‹
›Geh fort, was sind mir das für Sachen, könnt das den nicht dein Vater machen?‹ ›Nee‹, sääd de Max ean muss aach lache, ›doas kann moin Vodder nidd, doass muss de Bock schu säelwer mache!‹«
Dass diese und viele weitere Kurzgeschichten des Referenten bei der Gästeschar immer wieder herzhaftes Lachen auslöste verwundert nicht. Der entfachte Bilderbogen in den Köpfen und Herzen der Besucher führte dazu, dass an den Tischen immer wieder rege Kommunikation entstand, natürlich im »Laastener-Platt«.
Nach einer kurzen Lüftungspause ging Theiß auf die im Vogelsberg verbreitete »Vagantensprache«, die »Köddinger Maurersprache« und das »Manische« in Gießen ein und erläuterte die dabei bewusst eingesetzten Wortdrehungen, welche diese Geheimsprachen in sich bergen. Dienten diese doch in erster Linie der Verständigung bestimmter Personengruppen untereinander, damit Außenstehende bewusst nichts verstehen sollten/durften.
Zum Finale des zweistündigen Heimatabends überraschte Theiß seine Gäste mit einem Gedichtzyklus des Leihgesterner Ehrenbürgers Georg Hess (1888 - 1967), indem er die Erlebnisse eines Nachtwächters je Nachtstunde und Glockenschlag in Leihgesterner-Platt der mucksmäuschenstill lauschenden Zuhörerschaft vortrug. Das jeweils am Ende der Vers-Pointen herzhafte lachen verstummte schlagartig, denn man wollte doch das Geschehen im nächsten Vers nicht verpassen. Dass es hierbei keiner Nachfrage bzw. Erläuterung bedurfte, ist Ehrensache. gdp/FOTO: GDP