Zwei Treiser sprechen über Literatur

Lich (us). Thomas Hettche muss man hierzulande nicht groß vorstellen. Er ist nicht nur einer der bekanntesten deutschen Schriftsteller und mit Preisen überschüttet. Er stammt auch aus der Region. Hettche ist in Staufenberg-Treis aufgewachsen, er hat an der Lio in Gießen Abitur gemacht und später in Frankfurt Germanistik studiert.
Auch der Hörbuchsprecher Sven Görtz ist von Hause aus Germanist. Er ist zwar nicht in Treis geboren, aber er wohnt dort, in der Parallelstraße von Hettches’ Elternhaus. Als sich die beiden vor einiger Zeit auf einer Veranstaltung des Oberhessischen Literaturvereins »Zwei Raben« kennenlernten, gab es also einige Berührungspunkte. Man blieb in Kontakt. Jetzt können die Licher Kulturtage von dieser Bekanntschaft profitieren. Görtz gewann Hettche für die Matinee »6 x Anfang« im Kino Traumstern kommenden Sonntag.
Der Titel lässt erahnen, dass es sich nicht um eine Lesung nach üblicher Manier handelt. Hettche wird nicht sein jüngstes Buch »Herzfaden« präsentieren, das 2020 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand. Vielmehr wird er im Gespräch mit Moderator Görtz einen Überblick über sein literarisches Schaffen geben.
Görtz schätzt an Hettche besonders dessen Bandbreite. Er sei kein »one trick pony«: »Wie er seine Themen findet, warum er welches Genre wählt, das interessiert mich und das interessiert hoffentlich auch das Publikum.« Geplant sei ein lockeres Gespräch, das keineswegs akademisch werden soll. Zwischendurch wird Hettche einzelne Passagen aus seinen Romanen lesen.
Sein Debüt »Ludwig muss sterben« veröffentlichte er 1989 noch als Student. Die Geschichte eines aus der Psychiatrie Entlassenen, der ein Wochenende in der Wohnung seines todkranken Bruders verbringt, wurde von der Kritik als »Geniestreich« gefeiert. Sechs Jahre später erschien mit »Nox« ein Wenderoman, der die Nacht des Mauerbaus als Groteske erzählt. Historische Motive hat Hettche auch in späteren Büchern aufgegriffen. Der Kriminalroman »Der Fall Arbogast« von 2001 spielt in der Bundesrepublik der Nachkriegszeit vor dem Hintergrund eines spektakulären Justizirrtums.
Weiter zurück blickt »Pfaueninsel«. Der 2014 erschienene Roman lässt einen Flecken in der Havel bei Potsdam wieder auferstehen, der im 19. Jahrhundert von Lenné und Schinkel zu einem künstlichen Paradies umgestaltet wurde und den Preußenkönigen als Rückzugsort diente. In seinem jüngsten Werk »Herzfaden« schließlich erzählt er anhand der Augsburger Puppenkiste, deren Gründer Alter Oehmichen und dessen Tochter Hatü von schuldhaften Verstrickungen während des Zweiten Weltkriegs und den Jahren danach.
Hettche wurde vielfach ausgezeichnet. Gleich vier seiner Romane waren für den Deutschen Buchpreis nominiert.
Die Lesung »6 x Anfang« mit Thomas Hettche im Kino Traumstern beginnt am kommenden Sonntag, 20. März, um 12 Uhr. Mehr Infos unter www.kuenstlich-ev.de . FOTOS: PM
