1. Gießener Allgemeine
  2. Kreis Gießen
  3. Lich

Wie sich Licher Erzieherinnen für den Kita-Alltag fit machen

Erstellt:

Von: Ursula Sommerlad

Kommentare

Was lieben Erzieherinnen an ihrem Beruf? Die Kinder. Aber der Alltag ist anstrengend und die Herausforderungen steigen. Die Stadt Lich reagiert darauf mit einem umfassenden Angebot zur Fortbildung. Acht Fachkräfte erzählen, was es gebracht hat.

Lich - Catja Kullbachs Einstieg in den Beruf liegt mehr als 30 Jahre zurück. Ihre Zeit als Anerkennungspraktikantin im Kindergarten hat sie als anstrengend in Erinnerung. Sie war voll in die Betreuung eingebunden, ihre Ausbilderin in der Nachbargruppe tätig. Da blieb wenig Zeit zum Nachdenken über die Herausforderungen, denen sie sich Tag für Tag stellen musste. Dass jungen Menschen, die sich heute für die Arbeit in einer Kita entscheiden, mehr Zeit zur Reflexion bleibt, findet sie gut. Und sie will selbst dazu beitragen, dass der pädagogische Nachwuchs eine fundierte Ausbildung erhält. Deshalb hat sie eine Langzeitweiterbildung als Praxisanleiterin absolviert. Catja Kullbach ist nicht die einzige. Die Stadt lege Wert darauf, ihren Beschäftigten Fort- und Weiterbildung zu ermöglichen, sagt Bürgermeister Dr. Julien Neubert. »Wir wollen ein attraktiver Arbeitgeber sein.«

Aber was sagen die Betroffenen? Aus welchen Gründen haben sie sich für eine Fortbildung entschieden? Und hat sich die Mühe gelohnt? Bei einem Treffen in der Kita Asklepios berichten acht Erzieherinnen aus verschiedenen Einrichtungen im Beisein von Bürgermeister Neubert und Sachbearbeiterin Bianka Heyer von ihren Erfahrungen. Sie haben unterschiedliche Seminare besucht, aber einige Motiv tauchen in den Erzählungen der Fachkräfte immer wieder auf. Sie wollen sich weiter entwickeln. Sie wollen ihre Arbeit gut machen. Und sie wollen sich für die wachsenden Herausforderungen in ihrem Beruf gut gerüstet fühlen. Die Selbstreflektion spiele dabei eine wichtige Rolle.

Catja Kullmann, Tatjana Jakobi und Ludmila Enders aus der Kita Gleienberg haben sich über mehrere Monate in ganztägigen Workshops zur Praxisanleiterin fortgebildet. Jakobi setzt ihre neuen Kompetenzen bereits ein. An der Kita Gleienberg hat sie zwei Anerkennungspraktikantinnen beim Einstieg in den Beruf begleitet. Die beiden sind zu ihrer Freude in ihrem Team geblieben.

Das Ziel ihrer Arbeit fasst sie in einem einzigen Satz zusammen: »Jungen Leuten dabei helfen, gute Erzieher zu werden.« Dafür brauche es eine kompetente Betreuung vor Ort. »Egal, was in der Schule gelehrt wird: Die Praxis ist etwas anderes.« Im nächsten Jahr wird eine von Jakobis Kolleginnen die Praxisanleitung übernehmen. »Wir stehen bereit«, sagt Ludmila Enders fröhlich. »Ich fühle mich dafür gewappnet.«

Mit Führungskompetenzen, Konfliktmanagement, Motivationsmethoden und vielen anderen Themen haben sich Susanne Paff, Daniela Rudolf, Silke Wippermann und Marina Winkler-Schmidt beschäftigt. Die vier haben sich in ihrer Fortbildung für die Leitung einer Kita fit gemacht. Die Stadt wird sie brauchen, wenn in absehbarer Zeit langjährige Leiterinnen in den Ruhestand gehen.

Marina Winkler-Schmidt, die in Muschenheim arbeitet, hat dabei auch den Fachkräftemangel im Blick. »Wir wollen die jungen Leute behalten«, sagt sie. Das gelinge aber nur in einem funktionierenden, motivierten Team. »Seit der Weiterbildung sehe ich die Mitarbeiter mit anderen Augen«, erzählt Silke Wippermann aus der Kita Am Gründchen. Durch die Workshops und die Facharbeit, die sie schreiben musste, konnte sie ihren Blick für die unterschiedlichen Bedürfnisse schärfen. »Nicht alle sind gleich.« Für diese neuen Erkenntnisse habe sie die Herausforderungen der Weiterbildung gerne in Kauf genommen. Aber anstrengend sei es schon gewesen. »Die ganze Familie war involviert.«

Und nicht nur die. Susann Paff ist von ihrer Weiterbildung so begeistert, dass sie direkt versucht, ihre neu erworbenen Kenntnisse in ihrer Kita »Fuchsstrauch« in die Praxis umzusetzen. »Das Team ist ein bisschen Versuchskaninchen«, erzählt sie. »Das macht schon Spaß.«

Daniela Rudolf äußert sich ähnlich. »Man transportiert sein Wissen auch ins Team.« Und noch einen anderen Aspekt findet sie wichtig: »Man verändert sich selbst.«

Das kann Sabine Hilcken, die Leiterin der Kita Asklepios, nur bestätigen. »Unser Beruf ist eine Einladung zur Persönlichkeitsentwicklung.« Dass er aber auch anstrengend sein kann, daraus machen die acht Erzieherinnen keinen Hehl. Da sind die Eltern mit ihren Ansprüchen und einem wachsenden Bedarf an Beratung. Da sind die vielen sehr jungen Kinder und die dadurch steigenden pflegerischen Anforderungen. Und da ist die Bürokratie, die alle stöhnen lässt. Tatjana Enders formuliert, was viele ihrer Kolleginnen denken: »Bei manchen Gesetzen hat man den Eindruck, dass diejenigen, die sie geschrieben haben, noch kein Kind gesehen haben.«

Ihren Beruf aber, den sie als bunt und vielfältig beschreiben, wollen die Erzieherinnen alle nicht missen. Das gilt auch für die Jüngste in der Runde. Alina Rumpf ist seit 2021 im Job und absolviert gerade die Pikler-Grundausbildung. Sie macht sich mit der von der Kinderärztin Emmi Pikler entwickelten Pädagogik vertraut, die an der Kita Asklepios einen Schwerpunkt bildet. Hat sie es je bereut, Erzieherin geworden zu sein? Sie lacht. Nein, hat sie nicht. »Ich stehe voll hinter meiner Entscheidung.« (us)

Auch interessant

Kommentare