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Warum diese Wahl schon gelaufen ist

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Von: Ursula Sommerlad

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Sie sind noch nicht wahlberechtigt, aber ihre Favoriten für den Bundestag haben sie bereits angekreuzt. Wie die Neunt- und Zehntklässler der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Lich abgestimmt haben.

Daniel, Emil, Jana und Nico sind den Erwachsenen ein Stück voraus. Schon am Mittwoch um 11 Uhr haben die vier Zehntklässler der Dietrich-Bonhoeffer-Schule ihre Stimmen für die Bundestagswahl abgegeben. Ins amtliche Wahlergebnis wird ihr Votum am morgigen Sonntag zwar nicht eingehen. Aber es zählt für die Juniorwahl, an der in dieser Woche bundesweit knapp eine Million Schüler teilgenommen haben.

Dass im PoWi-Unterricht das Thema »Wahlen« auf dem Stundenplan stehen würde, war schon lange klar. Aber wie kann man es spannend vermitteln? Als Karin Gruß in den Sommerferien über dieser Frage brütete, stieß sie auf ein Angebot des Berliner Vereins Kumulus. Der organisiert für Schulen seit 1999 die Juniorwahlen. Sie sind dem Original täuschend echt nachempfunden und erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Mehr als 3400 Schulen in ganz Deutschland haben diesmal mitgemacht. Weitere hatten Interesse, schauten aber in die Röhre: Für mehr Teilnehmer reichte das Geld nicht.

Wählen – »wie in echt«

Ein Wählerverzeichnis, Wahlbenachrichtigungen, Stimmzettel, Wahlkabinen und Urnen: Alles, was für die richtige Bundestagswahl gebraucht wird, kommt auch bei der Juniorwahl zum Einsatz. Das habe den Schülern wohl besonders viel Spaß gemacht, meint Karin Gruß. »Wie in echt« – diesen Spruch hat sie während der Vorbereitungen häufig gehört. Alle zehn 9. und 10. Klassen der Licher Gesamtschule aus dem Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialzweig haben sich an der Juniorwahl beteiligt. In jeder Klasse gab es einen Wahlvorstand, der das Wählerverzeichnis erstellte und die Wahlbenachrichtigungen verteilte.

Das ist eine geheime Wahl

Karin Gruß

Vor allem aber waren die Wahlen Thema im PoWi-Unterricht und auch die Profile der verschiedenen Parteien. Schließlich sollten sich die Jugendlichen im Vorfeld eine Meinung bilden können. Sie haben Wahlspots geschaut und den »wahl-o-mat« ausprobiert. Das scheint gewirkt zu haben. Wahlhelferin Jana aus der G 10a jedenfalls hatte ihre Entscheidung früh getroffen, schon vor der großen Podiumsdiskussion in der vergangenen Woche, in der Nachwuchspolitiker unterschiedlicher Parteien ihre Standpunkte austauschten.

Selfies verboten

Jana hat ihnen genau zugehört, ihre Meinung aber nicht mehr geändert. »Ich war in meiner Entscheidung eher bestärkt«, erzählt sie. Wer wen wählt: Das darf bei den drei Wahlgängen am Mittwoch-, Donnerstag- und Freitagvormittag im zum Wahllokal umfunktionierten Physik-Hörsaal kein Thema sein. »Das ist eine geheime Wahl«, ermahnt Karin Gruß ihre Schüler. Und ein Schild erinnert daran, dass Selfies aus der Wahlkabine verboten sind.

188 hessische Schulen haben sich für die Juniorwahl gemeldet. Aus der Region machen beispielsweise die August-Hermann-Francke-Schule in Gießen und die Theo-Koch-Schule in Grünberg mit. Die DBS ist erstmals dabei. Organisatorin Karin Gruß ist beeindruckt von der Qualität des Materials, das Kumulus e.V. den Lehrern an die Hand gibt. Sogar der Wahlzettel, den die Licher Schüler ausfüllen, entspricht dem Vordruck, den alle Wähler am Sonntag im Wahlkreis 173 Gießen/Vogelsberg in der Hand halten werden.

Auch Lehrer lernen dazu

Können PoWi-Lehrer selbst bei den Vorbereitungen noch etwas lernen? Karin Gruß schüttelt lächelnd den Kopf. »Ich war selbst mehrfach Wahlhelferin.« Auch am kommenden Sonntag wird sie dabei sein, wenn die Briefwahl für Lich ausgezählt wird.

Das Wahlergebnis der Juniorwahl wird dann schon bekannt sein. Punkt 18 Uhr soll es auf der Homepage juniorwahl.de veröffentlicht werden. Wie die Jugendlichen an der DBS gewählt haben, will die Schule am Montag per Aushang bekannt geben. Karin Gruß wird das Ergebnis dann schon längst kennen. Die Stimmen der Neunt- und Zehntklässler wurden nämlich schon am Freitagnachmittag ausgezählt. »Wir dürfen aber vorab nichts verraten«, sagt die Organisatorin. Zur Auszählung hatte die Lehrerin übrigens auch die Licher Wahlleiterin Anja Stark eingeladen und sie mit einem schlagenden Argument gelockt: »Sie kann dann schon mal Wahlhelfer für die nächste Bundestagswahl in vier Jahren rekrutieren.«

Info

Juniorwahl animiert auch Eltern

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Teilnahme an der Juniorwahl nicht nur zu einer höheren Wahlbeteiligung bei Erstwählern führt, sondern auch bei den Eltern der beteiligten Schüler.

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