1. Gießener Allgemeine
  2. Kreis Gießen
  3. Lich

Therapiesitzung in kabarettistischem Bestformat

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

ik_Locker2_280122_4c_1
»Locker vom Hocker« präsentieren sich »Bittersüß« alias (v. l.) Theresa Heinz, Vitalina Pucci und Polina Blüthgen. © Heiner Schultz

Lich (usw). Einen triumphalen Erfolg feierte das Musikcomedy-Ensemble »Bittersüß« am Mittwoch im »Traumstern« mit der Premiere des Programms »Locker vom Hocker«. Das bestens disponierte und perfekt vorbereitete Trio traf im voll besetzten Kino auf ein sehr geneigtes Publikum, das die Musikerinnen zumeist noch als Quartett »Belle Mélange« kannte. Die räumten regelmäßig die Säle ab, diesmal war es nicht anders:

zum Schießen komisch, handwerklich auf professionellem Niveau. Beste Unterhaltung.

Die Drei machen sich erstmal spielerisch über die Welle von Therapieformen lustig, die das Bewusstsein der Bedürftigen umspült. Moderatorin, Sängerin und Autorin Theresa Heinz hat als Therapeutin zwei sanft gestörte Frauen unter ihrer Obhut, die Pianistin Vitalina Pucci (leicht durchgeknallt) und die Flötistin Polina Blüthgen (Angststörung). Heinz spult allerlei esotherapeutische Floskeln ab, macht andauernd das »Hockermantra« und trägt ein passendes Shirt: »Buddha bei die Fische«. Sie säuselt im schönsten Therapeutensingsang und ist überhaupt ziemlich kabarettistisch zugange.

Viele Glanzlichter

Routiniert laufen diverse Running Gags ab: Blüthgen wackelt etwa im Kinderkleid umher und stellt sich immer mit dem Rücken zum Publikum hin. Als Therapieansatz dreht Heinz sie nach vorn und säuselt der Widerstrebenden vor: »Menschen sind Freunde«. Pianistin Pucci als ungebremste Narzisstin macht auch viel Spaß, und vor allem haben alle drei richtig Freude am Tun. Die exzellenten Musikerinnen tragen das kabarettistische Fluidum kundig mit - die drei gehen deutlich mehr aus sich heraus als früher. Was ihnen ausgezeichnet steht.

Heinz ist auch gesanglich hervorragend aufgelegt und präsentiert neben ihren tragenden Moderationen ein paar glänzende Beispiele dafür. Die ausgebildete Musicaldarstellerin ist ein Naturtalent für Gesang und Schauspiel. So zischt die erste Hälfte vorbei wie nichts und man kann seinem Zwerchfell eine Pause gönnen. Allgemeine Erheiterung im Saal, man ist mit der Erweiterung des »Mélange«-Spektrums sehr einverstanden.

Zu den Glanzlichtern der Show gehört eine kleine Nachhilfestunde in Sachen Schlagergestik. Da gibt es den »großen Regenbogen, den kleinen Regenbogen«, sowas wie einen Sonnenaufgang und noch ein paar typische leere Gesten mehr, die man aus entsprechenden TV-Formaten kennt.

Der inhaltliche Ansatz des Abends lautet: »Mit Musiktherapie kann die Wiedereingliederung systemunrelevanter Musikerinnen gelingen.« Währenddessen macht sich Blüthgen Sorgen, dass bei ihrem Flötenspiel zu viele »alte Sohlen« freigesetzt werden, ein Kalauer, den sie effizient rüberbringt, das Ganze ist ja auch öfter mal schön albern.

Ganz stark sind auch dieses Mal die von Heinz ins Deutsche umgedichteten Hits wie etwa der Welthit »Fieber« (Fever). »Der Herpes schmückt meine Lippen, der Tinnitus singt unser Lied«, schmachtet sie. Wunderbar kommt auch »Der Sohn eines Metzgersmanns«. Ach, und noch viel mehr, es war ein wunderbarer Abend. Heftiger Beifall.

Auch interessant

Kommentare