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Stadt Lich und Asklepios-Klinik vor Gericht: Es geht um Bürgersorgen und viel Geld

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Von: Ursula Sommerlad

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Das Archivbild zeigt den neuen Hubschrauberlandeplatz an der Asklepios-Klinik Lich kurz vor der Fertigstellung im April 2021. Er wurde wegen des Baus der neuen Kita (mit Solardach, vorn im Bild) verlegt. (Archiv) © Henss

Eine gütliche Einigung kam nicht zustande. Ob die Stadt Lich für die Verlegung des Hubschrauberlandeplatzes an der Asklepios-Klinik zahlen muss, entscheidet nun das Landgericht Gießen. Am Mittwoch drehte sich die Beweisaufnahme vor allem um eine Frage: Gab es eine Zusage der Stadt über die Übernahme der Kosten?

Lich - Das Gespräch am 29. Oktober 2019 war kurz. Es wurde am Telefon geführt und hat nach Erinnerung von Bernd Klein »keine fünf Minuten« gedauert. Am anderen Ende der Leitung war Uwe List, zu jener Zeit Geschäftsführer der Asklepios-Klinik. Er wollte vom damaligen Licher Bürgermeister wissen, inwieweit die Stadt dem Krankenhaus beim Neubau des Hubschrauberlandesplatzes behilflich sein könne. Klein will Unterstützung in Aussicht gestellt haben. Aber nicht in finanzieller Hinsicht. »Dass die Stadt kein Geld zahlt, habe ich deutlich formuliert«, betonte der 54-Jährige, der gestern als Zeuge vor dem Gießener Landgericht aussagte. Dort klagt die Stadt Lich gegen die Asklepios-Klinik. Sie fordert 587 000 Euro zurück, die für die Verlegung des Hubschrauberlandeplatzes und weitere interne Kosten ausgegeben wurden.

Bernd Klein ist nicht mehr Bürgermeister und Uwe List als Geschäftsführender Direktor nach Hamburg gewechselt. Vor Einzelrichterin Tatjana Bastian sahen sich die beiden Männer gestern wieder. Auch List war als Zeuge geladen und seine Erinnerung an das Gespräch ist etwas anders. Die Frage der Kostenübernahme sei nicht zu Ende besprochen worden, sagte er. Eine klare Aussage habe es nicht gegeben, sondern die Hoffnung, dass man zu einer Lösung finden werde.

Streit in Lich: Luftfahrbundesamt eingeschaltet

Hintergrund des Konflikts ist ein Gemeinschaftsprojekt: die Kita Asklepios. Bauherrin war die Klinik, Betreiberin ist die Stadt. Wer welche Kosten zu tragen hat, regelt ein Vertrag. Der Hubschrauberlandeplatz kommt darin nicht vor. Er sollte eigentlich an seinem ursprünglichen Standort direkt neben der neuen Kita verbleiben. Für die schätzungsweise zehn bis 15 Landungen im Jahr gab es ein Sicherheitskonzept, auf dessen Grundlage auch die Baugenehmigung erteilt wurde.

Doch dann schalteten Anwohner, die sich laut List schon früher über den Landeplatz beschwert hatten, das Luftfahrtbundesamt ein. Die Fachbehörde äußerte Bedenken, der Landkreis drohte mit dem Entzug der Baugenehmigung. »Wir finden schon eine Lösung«, soll Bürgermeister Klein gesagt haben, als er Anfang Februar 2019 von dieser Entwicklung erfuhr. So jedenfalls erinnert sich Michael Pieck, der Technische Leiter der Klinik, der ebenfalls als Zeuge geladen war. Die Planungen gingen jedenfalls weiter. »Die Kita war uns wichtig. Es ging um die Stärkung des Gesundheitsstandorts«, erläuterte Pieck. Wichtig war aber auch der Landeplatz. Er gilt, wie List erläuterte, als sogenanntes Strukturerfordernis für die Teilnahme an der Notfallversorgung. »Ein Verzicht auf den Landeplatz hätte einschneidende Einschränkungen nach sich gezogen.«

Sowohl List als auch Pieck betonten, dass der ursprüngliche Landeplatz-Standort optimal gewesen sei. Doch Vorschläge, ihn lediglich ein Stück von der Kita weg zu verlagern, seien von den Experten abgelehnt worden. Am Ende sei nur ein Neubau hinter der Klinik in Frage gekommen. »Haben Sie die Einschätzung des Luftfahrtbundesamtes mal überprüfen lassen?«, wollte Rechtsanwalt Matthias Ache als Vertreter der Stadt Lich wissen. »Nein«, antwortete List. »Wir haben das als gegeben hingenommen.«

Stadt Lich will 587.000 Euro zurück

In den Kostenkontrollblättern, die auch die Stadt zur Kenntnis erhielt, wurde erstmals am 24. April 2020 ein Ansatz für die Verlegung des Hubschrauberlandeplatzes vermerkt. Das bestätigte der Architekt, der ebenso als Zeuge gehört wurde wie Bauamtsleiter Marco Römer. Letzterer berichtete, dass die Verlegung des Landeplatzes nicht als eigenes Projekt geführt wurde, sondern zusammen mit dem Kita-Bau abgewickelt wurde. »Weil die Klinik die Rechnungen bezahlt hat, war es für die Stadt erstmal egal, ob die Kosten auf dem Kontrollblatt standen«, erläuterte der 48 Jahre alte Verwaltungsfachwirt. Er habe später die Positionen, die auf den Landeplatz entfielen, wieder herausgerechnet.

Noch ist nicht entschieden, ob die Stadt die geforderten 587 000 Euro zurückbekommt. Zunächst einmal haben Kläger und Beklagte bis Ende Februar Zeit, sich zur Beweisaufnahme zu äußern.

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