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Schnipselkunst mit Köpfchen

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Von: Rose-Rita Schäfer

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Das Gästebuch des Dorfladens erhält ein originales Schnipselbild von Silke Janas. © Rose-Rita Schäfer

Lich (rrs). Papierbahnen mit Farbverläufen bemalen, kleine Schnipsel abreißen und auf einem weißen Untergrund nacheinander, übereinander, verteilt oder in Gruppen aufkleben? Hört sich eigentlich einfach an. Doch die Collagen der 47-jährigen Gießenerin Silke Janas sind etwas ganz Besonderes. Wer in der Vorweihnachtszeit den Dorf- und Kulturladen in Eberstadt betritt, taucht ein in die bunte, fröhliche Welt der »Schnipselkunst-Silke« mit Motiven aus kleinen bunten Papierfitzelchen, denen sie durch wenige kleine schwarze Federstriche mit viel Liebe ein Leben als Hund, Katze, Maus, Igel, Ente, Vogel oder Blume einhaucht.

157 Hunde, 17 Katzen, ein Igel

Ihre Kunst lässt ein bisschen vergessen, was draußen passiert. Die farbigen Minitiere, meist nur zwischen drei und zehn Zentimeter groß und über die gesamte Fläche der kleinformatigen Bilder verteilt, verbreiten sofort eine heitere, losgelöste Atmosphäre. Der Detailreichtum lässt bei jedem Blick etwas Neues entdecken, langweilig werden die hübschen Collagen nie.

Seit 2014 betreibt die freischaffende Künstlerin, Illustratorin und Kunstpädagogin in Gießen eine Malschule, wo sie mittlerweile rund 80 Schüler anleitet. In Eberstadt erzählt sie von den Anfängen ihrer Schnipselkunst: »Für einen Workshop zum Tag der offenen Tür suchte ich zusammen mit meiner damaligen Praktikantin Anna Wagner nach einfach umsetzbaren Techniken. So wurde die Idee mit den abgerissenen Papierstückchen geboren, etwas ganz Neues, dessen Erfinder wir sind.«

Zuerst legt Janas lange Papierbahnen aus, die sie mit Acryl- oder Ölfarben in Farbverläufen großformatig bemalt. Dabei ist gerade Öl sehr arbeitsaufwändig, zeigt dafür kräftigere Farben und glänzt sehr schön. Dann reißt sie Schnipsel heraus, entweder völlig frei oder aber bei Hunden zum Beispiel bewusst in Form des Körpers, Kopfes oder der Ohren. Auch bei einem Schnipselchen mit einer zufälligen Form ist schnell klar, was es werden will und darf - ein Tier, eine Blume oder Teil einer Landschaft. Die Schnipsel werden dann nacheinander mit Klebestift auf dem Untergrund festgeklebt.

Für Minis mit oft nur zwei Millimeter Größe wie Augen oder Öhrchen ist ein Zahnstocher zum akkuraten Anbringen im Einsatz. Eine wahre Sisyphusarbeit, die viel Geduld erfordert. Zum Schluss werden mit einem schwarzen feinen Tuschestift Formen, Striche und Strukturen dazugezeichnet. Janas stellt jede Figur erst fertig, bevor sie mit einer neuen beginnt. Sie gibt zu: »Ich kann höchstens vier oder fünf Figuren am Stück machen, dann schwindet die Konzentration.« So entstehen nach und nach in ein bis zwei Monaten konzentrierter Arbeit ihre bunten einzigartigen Gute-Laune-Bilderwelten im 3D-Stil, die aber auch als preiswertere Drucke zu haben sind. Außerdem bietet die Künstlerin Postkarten mit ihren unverwechselbaren Collagen zu verschiedenen Anlässen an.

Dieser Tage feierte Silke Janas Vernissage für die bis 22. Dezember laufende Ausstellung »157 Hunde, 17 Katzen, ein hungriger Igel und noch ganz viele mehr«. In ihrer Laudatio ging Alexandra Renkawitz vom Verein Dorf- und Kulturladen Eberstadt auf die Geschichte des Dorfladens ein und erinnerte sich: »Meine Kinder haben mit Janas’ Postkarten Zählen gelernt, denn oft sind die Tiere, Blumen, Kerzen oder Törtchen darauf als Gruppen angeordnet, die gerade Anfängern den Einstieg in die Mathematik schmackhaft machen.« Die ausgestellten Kunstwerke seien teils Originale, teils lebensechte Kunstdrucke, die nur durch Darüberstreichen und Kantenfühlen zu identifizieren seien. Besonderes Interesse fanden die kleinen dicken Rhönschafe, die boxenden Mäuse, aber auch die farbigen Enten oder Katzen - natürlich suchte jeder den hungrigen Igel unter den 157 Hunden und 17 Katzen. Und dann schnipselte Janas ein Originalbild ins Gästebuch des Dorfladens, bevor sie ihre Unterschrift hinterließ.

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