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Säulen der Kunst

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Die etwa ein Dutzend allseitig farbig bemalten Betonröhren sind die »Säulen der Kunst«. Sie sind an je einem Künstler orientiert. © Heiner Schultz

Lich (kdw). Nichts weniger als die »Säulen der Kunst« zeigt die Wölfersheimer Künstlerpalette derzeit im Dormitorium von Kloster Arnsburg. Dreizehn Aktive präsentieren eine sehr große Anzahl von Arbeiten. Die Bandbreite ist in jeder Hinsicht groß. Und zum Teil sind echte Überraschungen und originelle Einfälle dabei. Am Samstag war die Eröffnung.

Der inhaltliche und formale Aufhänger sind die etwa ein Dutzend allseitig farbig bemalter Betonröhren, die »Säulen der Kunst«. Sie sind an je einem Künstler orientiert, etwa Gustav Klimt oder Marc Chagall. Die etwa armdicken Säulen vermitteln einen sehr typischen Eindruck des thematisierten Vorbilds und seines Werks. Es lohnt sich, den vertikal-kreisförmigen Bildern nachzuspüren, man findet die eine oder andere Geschichte. Allerdings sind sie ein bisschen schwer anzuschauen.

Ansonsten ist alles voll: Die Künstlergemeinschaft hat in den zwei Corona-Jahren nicht pausiert, sondern produziert. Nun findet man Kunst nicht nur auf den Stellwänden und Freiflächen, sondern auch auf allen Fensterlaibungen.

Formal gibt es alles, von großen Malformaten bis zu Bildern im DIN-A5-Format. Man sieht schwungvolle Körper in Acryl und abstrahierte Landschaften und ein paar Porträts kleiner Welpen. Darunter behaupten sich Anja Steininger-Christians zwei routiniert ausgeführte männlichen Akte schon vom Format her.

Edda Habermehl zeigt mit »Einheit in der Vielfalt« comicartige Panels in Aquarell, deren Besonderheit die scheinbar collagierte Vielzahl kleinerer und kleiner Bilder in einem großen ist. Alle Motive sind durch schwarze Linien getrennt. Sie versammelt etwa in einem Bild Naturelemente wie einen Sonnenuntergang und kleine Architekturdetails mit beiläufig erscheinenden Quasi-Schnappschüssen aus dem Alltag.

Dann sieht man Sammlungen von Tierbildern, Porträts gewissermaßen, von Luchs, Tiger und Leopard, die einen allerdings an diverse Tierdokumentationen erinnern, dafür in großer Zahl. Ebenso wie die bereits erwähnten Welpenbilder besitzen diese Arbeiten inhaltlich wenig Kraft - es sind Handwerkszeugnisse. Und doch, ein Clownsgesicht findet sich diesmal auch im Dormitorium.

Heitere Entdeckung

Klaus Hettichs Dreierserie »Toscana Zedernbäume« zeigt abstrahierte mediterrane Landschaftsansichten. Sie sind von klarer kompositorischer Absicht geprägt und wirken substanziell und ästhetisch zugleich. Vor seine drei »Zedern« hat Hettich eine kleine Tonskulptur platziert, die »Räuberbraut«. Vielleicht ist die Toscana ja doch nicht so sicher? Im Dormitorium des Klosters kann jedenfalls nichts passieren.

Ungewöhnliche Ansichten oder vielmehr Sichtweisen sind ebenfalls nicht selten bei den »Säulen«. Stefan Holland zeigt eine Szene mit »Musikern in der U-Bahn«. Da muss eine ziemliche Stimmung herrschen oder vielleicht ist es schräge Musik: Holland hat die Szene etwa um dreißig Grad gekippt. Und auch die Konstruktion des Waggons weist erhebliche Abweichungen auf, er wirkt wie heiß gemacht und verbogen. Offensichtlich war es für den Maler ein besonderer Moment. Die Passagiere allerdings strahlen eine natürliche ÖPNV-Unbeteiligtheit aus, ganz normal.

Auch Hollands »Froschkonzert« findet unter besonderen architektonischen Bedingungen statt: Die Wände eines Kellerraums sind oben abgerundet, fast nichts ist hier noch rechtwinklig und vertraut, nur das Mauerwerk des Zimmers hat sich parallel und ordentlich erhalten können.

Das Frosch-Septett musiziert mit unbewegten Mienen, und besonders ordentlich ist man auch nicht, gemessen an den Pizzakartons. Irgendwie eine fröhliche Szene. Es ist nicht die einzige heitere Entdeckung, die man bei den »Säulen der Kunst« machen kann.

Die Ausstellung ist noch bis Sonntag, 21. August, täglich geöffnet: Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr, werktags von 14 bis 18 Uhr.

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