Klassische Hochkultur mit scharfzüngiger Kleinkunst
Wer mit einem Programm mit dem Titel »Selbstläufer« durch die Republik reist, der muss entweder äußerst selbstbewusst oder aber ein begnadeter Künstler sein.
Im Fall der aus Weimar stammenden und in Kirchzarten lebenden Anne Folger kommt wohl beides zusammen. Den besten Beweis dafür lieferte die Klavierspielerin mit ihrem Gastspiel im Kulturzentrum Bezalel-Synagoge am Donnerstagabend. Fast zur Halbzeit der diesjährigen »Licher Kulturtage« ließen sich 100 Zuhörer diesen Auftritt nicht entgehen.
Schauspieltalent mit Hang zur Komik
Dem Verein künstLich war es gelungen, Anne Folger, die seit ihrem sechsten Lebensjahr Klavier spielt, für einen Soloauftritt zu gewinnen. Nach Stationen in der Heimat Weimar und in Paris hat die Pianistin 2005 ihr Studium von Klavier, Kammermusik und Liedbegleitung in Freiburg mit 1,0 abgeschlossen – und seither viele Preise gewonnen. Dass sie künstlerisch einen ganz eigenen Weg gefunden hat, verdankt sie nicht zuletzt dem »Queenz«-Programm, bei dem sie auch ihr schauspielerisches Talent mit Hang zur Komik voll entfalten kann.
Anne Folger ist ein Teil des Duos »Queenz of Piano«, mit dem sie bereits in Lich gastierte, und sie beeindruckte nun mit ihrem Kleinkunstsolo für E-Musik mit Hang zu Albernheiten. Dabei zeigte sich, dass die Musikerin nicht nur ihr Instrument, sondern auch Situationskomik, Witz, Charme und Groove beherrscht. Da wurden die Helden der Klassik mit in die so ureigene »Folger-Welt« genommen.
Solo für Klavierhocker
Gefühlvoll modernisiert wurde das Ganze und dabei klassische Hochkultur mit scharfzüngiger Kleinkunst vereint. Da wurde eine geheime Verwandtschaft von George Harrison zu Bach virtuos offengelegt, Chopin als melancholischer Popsongschreiber entlarvt, Debussy mit Klingeltönen zersetzt und sogar der Klavierhocker gab zwischen zwei Sätzen ein Solo, statt nur zu knarzen.
Eigene Kompositionen wurden dazu gemixt und Kreuzfahrtunternehmen, die sich bei Verdi bedienen, »ökobilanziert« zur Rechenschaft gezogen. Zudem wurde Robert Schumann, einer der fleißigsten Komponisten überhaupt, von Anne Folger in die Hängematte auf der Copacabana verbannt. Zudem gingen bei dieser Nummer die klassischen Klänge fließend in eine temperamentvolle Samba über.