»Kein neues Gewerbegebiet«

Ein Industrie- und Gewerbegebiet, das der neue Regionalplan bei Eberstadt vorgesehen hatte, soll es nach dem Wunsch des Parlamentes nicht geben. Eines bei Birklar aber schon. Zum Missfallen der betroffenen Stadtteil-Licher. Und das machen sie weithin sichtbar deutlich.
Der Entwurf des neuen Regionalplans hatte in den politischen Gremien Lichs im Frühjahr für ordentlich Diskussionsstoff gesorgt. Grund waren die vorgesehenen Vorbehaltsflächen für Industrie und Gewerbe. Jetzt regt sich diesbezüglich im Stadtteil Birklar Protest. Auf einem Transparent an der Kreisstraße 166 macht der örtliche Naturschutzverein klar, dass eine Ausweisung an dieser Stelle nicht gewünscht ist. »Ebe langt’s!«, steht in großen roten Lettern ganz oben auf dem Banner. »Kein neues Gewerbegebiet« gleich darunter. Außerdem der Hinweis: »Schützt unsere letzten Wiesen.«
Drei Vorbehaltsflächen für Industrie und Gewerbe hatte der Entwurf des neuen Regionalplans eigentlich für die Kommune vorgesehen - das 14,1 Hektar große Areal auf Birklarer Gemarkung, das sich oberhalb der bereits bestehenden Gewerbeflächen »Am Entenpfuhl« erstreckt, eine Fläche am Licher Teufelswiesenweg - das sogenannte NUFA-Gelände - sowie 5,1 Hektar im Süden Eberstadts, direkt an der Autobahn gelegen. Gegen Letzteres allerdings hatte der Ortsbeirat mobil gemacht und erreicht, dass sich die Mehrheit der Stadtverordneten für einen Antrag von BfL, Grünen und FDP aussprach, die Vorbehaltsfläche Industrie und Gewerbe aufzugeben und durch ein Vorranggebiet Landwirtschaft zu ersetzen. Den Vorstoß des FW-Stadtverordneten Sebastian Schäfer, dies auch mit dem Areal an der Kreisstraße 166 bei Birklar zu tun, lehnte das Mehrheitsbündnis (Bfl, Grüne, FDP) aber ab.
Thomas Heyer, Vorsitzender des Birklarer Naturschutzvereins, ärgert sich darüber. Damit würden die einzigen größeren Wiesenflächen »in der Wanne von Birklar«, die auch Quellgebiet des Froschgrabens ist, versiegelt, sagt Heyer. Die Folgen: Das Areal stehe dem Grundwasserschutz nicht mehr zur Verfügung, Landwirte verlören ihre einzigen noch bestehenden Mähwiesen in der Gemarkung, ein Rast- und Brutgebiet würde zerstört, außerdem die Bedeutung dieses Bereiches für Klimaschutz und Naherholung. Heyer: »Das Vorhaben ist aus wasserhaushaltsrechtlicher, naturschutzfachlicher und landwirtschaftlicher Sicht nicht vertretbar.«
Und auch mit Blick auf das Verfahren übt der Naturschutzvereinsvorsitzende Kritik, bemängelt fehlende Transparenz, hätte sich eine Informationsveranstaltung vor der politischen Debatte gewünscht. »Hier wurde nicht Wort gehalten«, sagt er mit Blick auf die Intransparenz-Diskussionen rund um die Langsdorfer Höhe.
Ganz abgesehen davon, wäre aus Heyers Sicht die Eberstädter Fläche nahe der Autobahn besser für ein Industrie- und Gewerbegebiet geeignet gewesen. Dass diese nicht berücksichtigt werden soll, Birklar aber schon, »hat uns ganz schön genervt«, kritisiert er die Entscheidung der Stadtverordneten. Die aber waren im April der Argumentation des Eberstädter Ortsbeirates gefolgt, der wegen des großen Baugebiets am alten Sportplatz gefordert hatte, den Fokus im Dorf auf ein attraktives Wohn- und Lebensumfeld sowie den Ausbau der sozialen Infrastruktur zu legen. Mit den Stimmen von FW und SPD passierte ein Antrag des Mehrheitsbündnisses, das Vorranggebiet Industrie und Gewerbe aufzugeben, das Parlament.
Der Protest des Birklarer Ortsbeirates hingegen - der hatte die selben Argumente wie jetzt der Naturschutzverein vorgebracht - fand damals kein Gehör, besagter Antrag des FW-Stadtverordneten und Birklarer Ortsvorstehers, Sebastian Schäfer, wurde abgelehnt. Neben den bereits genannten Argumenten führt Schäfer auf GAZ-Anfrage ein weiteres ins Feld: »Wir haben unseren Beitrag als kleinste Gemarkung in Lich schon geleistet«, sagt er und macht deutlich, dass bereits 15 Hektar Gewerbeflächen im »Entenpfuhl« und auf der »Langsdorfer Höhe« zur Birklarer Gemarkung gehören.
Laut Schäfer stößt die Entscheidung auch im Ort auf wachsende Ablehnung. »Ich bin mittlerweile schon mehrfach darauf angesprochen worden«, berichtet er. Die Kritik der Leute: »Da wird ja alles zugebaut.« Seine Hoffnung setzt Schäfer jetzt darauf, dass der Regionalplanentwurf eine weitere Offenlage durchlaufen wird. Vielleicht ist der Protest bis dahin so laut, dass er von der Mehrheit der Stadtverordneten gehört wird.