Hoffen auf verregneten Sommer

Lich (us). Revierförster Ulrich Gessner ist stolz. Im Licher Stadtwald leben viele seltene Tierarten: Pirol, Laubfrosch, Uhu, Wildkatze. Und kürzlich wurde in Langsdorf auch ein besonders geschützter Schillerfalter gesichtet. Aber um den Wald selbst muss sich der Förster sorgen. Die drei Extremjahre 2018, 2019, 2020 haben ihm schwer zugesetzt. Zwar haben die relativ feuchten zurückliegenden Monate die Lage ein wenig entspannt.
»Aber in 80 Zentimeter Tiefe ist es immer noch staubtrocken«, sagte Gessner, der dieser Tage im Haupt- und Finanzausschuss den Waldwirtschaftsplan vorstellte.
Augenmaß ist weiterhin geboten
In den Jahren bis 2018 hat die Stadt teilweise recht gut an ihrem Wald verdient oder doch zumindest keine Verluste gemacht. Danach änderte sich die Lage dramatisch - 133 000 Euro Miese 2019, ein Verlust von 162 000 Euro 2020 und schätzungsweise 40 000 Euro Defizit in diesem Jahr. Die »schwarze Null«, die der Revierförster für 2022 prognostiziert, hebt in Anbetracht solcher Zahlen bereits die Stimmung. Überhaupt: Gessner ist froh, für einen Laubholzbetrieb verantwortlich zu sein. Dort, wo Nadelbäume vorherrschen, sehe die Lage viel düsterer aus. In Lich aber hänge viel vom Wetter der kommenden Jahre ab. »Wenn wir noch einmal eine solche Trockenheit bekommen wie 2018 bis 2020, dann wird es schwierig.« Wenn nicht, bestehe die Chance für eine positive Entwicklung. Etwas Besseres als einen verregneten Sommer kann Gessner sich kaum vorstellen.
Von der Fichte als »Brotbaum« hat man sich in Lich verabschiedet. Bei anderen Nadelhölzern wie Lärche, Douglasie und Buche sei die Situation zwar nicht gut, aber besser. Kopfzerbrechen bereitet weiterhin die Buche. »Sie erholt sich bei geschlossenen Kronendächern«, berichtete Gessner. Auf diese Situation müsse sich der Waldbau einstellen. »Wir müssen bei der Durchforstung sehr maßvoll zugehen.«
Augenmaß habe man in Lich auch in den vergangenen Jahren bewahrt und trotz des zeitweilig hohen Defizits darauf verzichtet, alte Eichen einzuschlagen. Von diesen Bäumen gebe es noch eine ganze Menge; ein einziger Stamm könne 5000 Euro einbringen. »Aber diese Bäume sind gesund. Wir haben sie stehen lassen zum Schutz der jüngeren Bäume, die darunter heranwachsen«, berichtete Gessner.
Echte Handarbeit
Bei der Aufforstung setzt man in Lich auf eine Mischung aus Laubholz plus zehn Prozent Nadelholz, das als Bauholz gebraucht wird. Die Kulturen sind im Waldwirtschaftsplan laut Gessner der Kostenfaktor Nummer 1. Daneben seien Personal und Unternehmereinsatz zu nennen, denn »Waldarbeit ist Handarbeit.«
Die Forderung nach Stilllegung von Wäldern betrachtet der Licher Forstmann mit Skepsis. Holz sei ein wichtiger Bau- und Brennstoff, und zur Deckung des Bedarfs werde schon jetzt viel importiert. »Das Brennholz, das in Säcken im Baumarkt verkauft wird, kommt häufig aus der Ukraine«, sagte Gessner. »Wir versorgen vor Ort mit lokalen Produkten.« Das gilt übrigens auch für Weihnachtsbäume. Am 18. Dezember werden im Licher Pflanzgarten Bäume fürs bevorstehende Fest verkauft. Gessner rührte schon jetzt die Werbetrommel: »Ungespritzt und mit kurzen Transportwegen!« FOTO: ARCHIV