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Fußball als Kitt der Gemeinschaft

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Von: Patrick Dehnhardt

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Fußball ist mehr als nur 90 Minuten Spiel. Dies zeigt sich beim TSV Lang-Göns, der nun sein 75-Jähriges feiert. Der Verein setzt seit Jahren auf Eigengewächse. Dies steigerte das Gemeinschaftsgefühl im Ort und führt zu einer hohen Identifikation mit dem TSV.

Es war ein symbolischer Moment Anfang April: Ein letzter Schneefall mitten im Frühjahr hatte den Fußballplatz scheinbar unbespielbar gemacht. Doch innerhalb kurzer Zeit rückten gut zwei Dutzend Helfer an. Mit Schneeschiebern, Schubkarren und Besen räumten sie den Platz. Später gab es noch zahlreiche Rückmeldungen aus dem Ort, dass man auch mitgeschippt hätte, wenn man Bescheid gewusst hätte.

Während international noch immer über die breite Fan-Unterstützung für die Eintracht beim Europapokalspiel in Barcelona gestaunt wird, gibt es so etwas auch im Kleinen hier in Mittelhessen: Die Fußballer des TSV Lang-Göns können sich auf einen soliden Rückhalt verlassen. Der Verein ist im Dorf fest verankert.

Dies kommt weniger von den sportlichen Erfolgen, sondern durch die Grundausrichtung. »Die Jugend stand immer im Vordergrund«, sagt Hans-Jürgen Naumann, ehemaliger Vizevorsitzender. Ziel sei es stets gewesen, möglichst viele junge Menschen für Fußball zu begeistern. Dies sei - außer bei geburtenschwachen Jahrgängen - seit Jahrzehnten gut gelungen. Derzeit klemmt es allerdings bei den Mädchenteams.

Sportlich gesehen zahlte sich die Ausrichtung des Vereins immer wieder aus. Fußball-Abteilungsleiter Martin Lüdge sieht bei den drei größten Erfolgen der 75-jährigen Fußballgeschichte - die Aufstiege 1965 in die Bezirksliga, 1996 in die Bezirksoberliga und 2020 in die Gruppenliga - eine Konstante: »Basis aller Aufstiege war die intensive Jugendarbeit.«

Naumann bestätigt dies. Stets habe es mit starken Jahrgängen begonnen, die in den Jugendklassen erfolgreich spielten. Diese kamen später in den Seniorenbereich und sorgten dort für neuen Schwung. Das sei allerdings kein Selbstläufer gewesen, sondern der Verdienst vieler engagierter Trainer und Betreuer: »Da hatten wir die richtigen Leute an der richtigen Stelle.« Wenn dieser Betreuer dann gleichzeitig noch in der ersten Mannschaft spielt, sei dies für viele Jugendliche nochmals motivierend.

Ein festgeschriebenes Ziel der Abteilung ist die Besetzung der ersten Seniorenmannschaft mit sehr vielen Langgönser Eigengewächsen oder Spielern, die zu Langgöns eine Beziehung haben. Dies stärkt den Zusammenhalt und die Verbundenheit mit dem Verein - setzt allerdings sportlich auch Grenzen.

Matthias Janke, Leiter Spielbetrieb, sieht derzeit keine Perspektive, dass man nur mit eigenen Spielern in noch höhere Ligen aufsteigen kann. Denn selbst wenn der Verein die dafür notwendigen Fußballer aus der eigenen Jugend hervorbringen würde, würden diese schnell von höherklassigen Vereinen abgeworben werden. Da könne und wolle man nicht mitbieten. »Es ist auch gut, dass sich solche Talente dort weiterentwickeln wollen«, ordnet Janke ein. Und freut sich darüber, dass man derzeit in der Gruppenliga mitmischen kann: »Es ist schön für uns, uns mit Teams zu messen, die finanziell andere Rahmenbedingungen haben.« Und dabei springt auch immer wieder mal ein Barcelona-Moment heraus.

Diese Grundausrichtung des Vereins sorgt dafür, dass der TSV und insbesondere der Fußball im Ort einen besondern Stellenwert besitzen: Er ist der Kitt der Gemeinschaft, verbindet die sozialen Schichten. »Wir merken, dass Kontakte und Freundschaften in der Jugendabteilung entstehen, die lange Zeit halten, selbst wenn die Kinder später auf unterschiedliche Schulen gehen«, sagt Lüdge. Dieser Effekt wirke auch über die Ortsgrenze hinaus.

Der Verein und der Förderverein der Fußballabteilung pflegen dieses Gemeinschaftsgefühl, indem sie unter anderem Ausflüge zu Bundesligaspielen sponsern und für Veranstaltungen abseits des reinen Trainingsbetriebs sorgen.

Dies wirke lange über die aktive Fußballzeit hinweg, ist sich Lüdge sicher und führt als Beweis das interne Hallenturnier an, das ein Treffpunkt vieler Ehemaliger sei: »Der Bezug ist weiter da.« Beim Bau des Sportheims, zuletzt der Beschattungsanlage oder auch der Pflege der Anlage seien Helfer von »8 bis 80 dabei, um mit anzupacken«. Oder, wenn mal wieder ein später Schneeschauer den Spielbetrieb gefährdet.

Als Dank an den Ort für die Unterstützung versuche man darum auch immer wieder, außersportliche Akzente zu setzen. Große Konzerte, etwa mit der Tom-Pfeiffer-Band oder den Drei Stimmen, waren dabei Highlights. In diese Reihe soll sich im Sommer das Comeback der Lang-Gönser Kirmes einreihen. Im Juli können dann zumindest die Schneeschieber sicher im Geräteschuppen bleiben.

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