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Für Versöhnung und Frieden

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Von: Nastasja Akchour-Becker

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Die zentrale Gedenkfeier zum Volkstrauertag findet traditionell auf der Kriegsgräberstätte in Kloster Arnsburg statt. © Nastasja Akchour-Becker

Lich (nab). Dass der Volkstrauertag nichts von seiner Kraft verloren hat, das haben am gestrigen Sonntagnachmittag eindringlich einige Schüler bei der traditionellen Gedenkveranstaltung auf der Kriegsgräberstätte in Kloster Arnsburg vorgetragen.

»Die Hoffnung für eine friedliche Welt wird zu einer Illusion, wenn wir nicht etwas Ernsthaftes unternehmen«, sagte einer der Schüler, der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Lich, die einen Wahlpflichtkurs zum Thema »Verfolgung im Nationalsozialismus« bei Lehrer Jan Hildebrand besuchen und sich mit dem Gedenktag befasst haben.

»Wir dürfen es nicht mehr zulassen, dass Menschen Ideologien oder Ziele mit Hilfe von Gewalt durchsetzen und so viel Elend verursachen.« Die vielen Toten der vergangenen Kriege mahnen uns, aus der Vergangenheit Lehre zu ziehen, führte er aus. »Also lasst uns nicht schweigen und lasst uns auch unsere Generation dazu bewegen, weiterhin die Lage Ernst zu nehmen und Widerstand zu leisten.«

Landrätin Anita Schneider, die zudem Vorsitzende des Kreisverbandes Gießen des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge ist, begrüßte zunächst die Gäste, darunter den Landesvorsitzenden des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge und Staatsminister a.D., Karl Starzacher, den Kreistagsvorsitzenden Claus Spandau, Lichs Bürgermeister Dr. Julien Neubert und Fernwalds Bürgermeister Manuel Rosenke sowie Georg Friedrich Graf zu Solms-Laubach.

In ihrer Gedenkrede machte Schneider deutlich, wie wichtig es ist, sich für Freiheit und Demokratie einzutreten, und wie strategisch gesehen auch eine Veränderung der Energiepolitik nötig ist. »Lassen Sie uns den Tag nutzen, dass wir den Opfern der Kriege und kriegerischen Auseinandersetzungen gedenken, dass wir uns für Versöhnung und Frieden, gerade auch angesichts des Ukraine-Krieges, aussprechen und dass wir unsere Stärke erkennen: Solidarisch, auf die Schwächsten unserer Gesellschaft achtend.«

Angesichts des Krieges mitten in Europa komme dem Erinnerungstag eine andere Bedeutung zu, sagte die Landrätin. »Plötzlich ist das, was uns getragen hat in Europa, 76 Jahre Frieden, Makulatur.«

Aber dennoch stehe die Europäische Union für Frieden und Versöhnung, bleibe auch in Schwierigen Zeiten ein Magnet für Stabilität und Demokratie, so Schneider.

Pfarrer Matthias Bubel (Dorf-Güll/Holzheim) betonte, dass die Bilder aus der Ukraine die zerstörerische Kraft des Krieges zeigen. »Krieg fordert immer Menschenleben und die Kriegstoten sind in der Geschichte unzählbar«, führte Bubel am Sonntagnachmittag aus. »Unsäglich viel Leid müssen Hinterbliebene und Angehörige tragen.« Und der Pfarrer sprach von einer Hoffnung, dass Krieg und Tod nicht das Ende sind.

»Zu Beginn des Jahres war die Vorstellung an ein Gedenken an aktuelle Kriegsopfer hier in Europa noch weit entfernt«, sagte eine Schülerin. »Und besonders für unsere Generation ist es seltsam, einem Krieg tatsächlich so nah zu sein.« In die Licher Schule gehen rund 40 Geflüchtete. »Wir können klar davon ausgehen, dass diese Familien aus Angst um ihre eigene Sicherheit in ein anderes Land geflüchtet sind.«

Und eine andere Schülerin fügte hinzu: »Wir möchten unser Mitgefühl ausdrücken, denn während es den Volkstrauertag nur einmal im Jahr gibt, denken diese Menschen jeden Tag an ihre getöteten Angehörigen.«

Musikalisch begleitet wurde die Gedenkstunde durch den Licher Posaunenchor unter der Leitung von Christof Becker. Nachdem Claus Spandau das Totengedenken vorgetragen hatte, legten abschließend Vertreter des Volksbundes, des Landkreises Gießen und der Stadt Lich sowie Vertreter der Bundeswehr Kränze am Gedenkstein nieder.

Dessen Inschrift »Mortui viventes obligant«, »Die Toten verpflichten die Lebenden«, ist heute aktueller denn je.

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