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Freundeskreis macht weiter und sucht neue Ziele

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Von: Ursula Sommerlad

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Die mobile Bühne wurde abmontiert, der Freundeskreis ist raus aus Kloster Arnsburg. Nun setzt sich der Verein neue Ziele. © Ursula Sommerlad

Der Freundeskreis ist raus aus Kloster Arnsburg. Um den Erhalt der mittelalterlichen Mauern will sich Graf Solms als Eigentümer selbst kümmern. Doch der Verein mit Sitz in Lich gibt nicht auf.

Die Wahl des Tagungsortes machte die Zeitenwende deutlich. Nicht, wie jahrzehntelang üblich, im Mönchssaal beriet am Samstag die Mitgliederversammlung des Freundeskreises Kloster Arnsburg, sondern im Licher Rathaus. Der Verein, der sich seit 1960 für den Erhalt der mittelalterlichen Klosterruine engagiert hat, ist raus aus Arnsburg.

Der Eigentümer der Anlage, Karl Georg Graf zu Solms-Laubach, hat den Pachtvertrag gekündigt. Der Freundeskreis hat Dormitorium, Mönchssaal und Geschäftsstelle zum Jahresende geräumt. Am 4. Januar 2023 um 10.30 Uhr wurde das Übergabeprotokoll unterzeichnet. Das war’s.

Oder vielleicht doch nicht? Ob der Verein eine Perspektive hat, werden die kommenden Jahre zeigen. Fürs erste will der Freundeskreis mit veränderter Zielsetzung weiter arbeiten. Er will sich allgemeinen Aufgaben der Denkmalpflege widmen, das Interesse an Kloster Arnsburg wachhalten und kulturelle Angebote unterbreiten. Die Satzung lasse das zu, sagt die Vorsitzende, Landrätin Anita Schneider. Sie müsse nicht geändert werden.

Dennoch: Der Schock über das Ende des Pachtvertrags sitzt tief. Der langjährige Vorsitzende, Landrat a.D. Ernst Klingelhöfer, hält die Kündigung sogar für rechtswidrig. In einem Schreiben an die Mitglieder verweist er aufs Grundgesetz: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.« Anita Schneider ist anderer Meinung. Der Vorstand habe die Fragen rund um die Kündigung »intensivst« beraten. Ergebnis: »Die Kündigung war nicht rechtswidrig. Das Grundgesetz kennt auch den Schutz des Eigentums. Und ich werde auch nie sagen, dass Graf Solms sein Eigentum nicht zum Wohle der Allgemeinheit nutzt.«

Schließlich sei die Klosteranlage nach wie vor öffentlich zugänglich. Schneider appellierte an die Mitglieder, den Gesprächsfaden zum gräflichen Haus nicht abreißen zu lassen. »Nach-vorne-Schauen kann nur im gegenseitigen Miteinander gelingen.«

Mit der Frage, wie die Zukunft des Freundeskreises aussehen könnte, hat sich in den vergangenen Monaten eine Arbeitsgruppe beschäftigt, deren Erkenntnisse Manfred Kuras vorstellte. Die Zisterzienser, die 1174 die Arnsburger Abtei gründeten, kamen vom Rhein, aus Eberbach. Und dort, im Mutterkloster, existiert ein Modell, in dem eine Stiftung und ein Freundeskreis kooperieren. Forschungsprojekte, Vorträge und kulturelle Angebote rund um die Zisterzienser fallen in den Verantwortungsbereich des dortigen Freundeskreises.

Der Arnsburger Vorstand kann sich ein ähnliches Modell vorstellen und darf auf Unterstützung aus Eberbach zählen, wie die dortige Vorsitzende Doris Moos in einem ermutigenden Brief versicherte.

Allerdings: Dass der Vergleich zwischen Eberstadt und Arnsburg hinkt, merkte der frühere hessische Finanzminister Karl Starzacher an. In Eberstadt handele es sich um eine Stiftung öffentlichen Rechts, für die sich das Land in erheblichem Maße engagierte. »Diese Investitionen sind so von Laubach nicht zu erwarten.« Dennoch sprach sich Starzacher ausdrücklich dafür aus, die Vereinsarbeit fortzusetzen: »Einen Versuch lohnt es allemal.«

Auch Lichs Bürgermeister Dr. Julien Neubert, der gegen Ende der Versammlung zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde, hofft auf bessere Zeiten. Irgendwann werde im gräflichen Haus die Erkenntnis wachsen, welchen Aufwand es bedeute, eine solche Anlage zu erhalten. Wenn dieser Tag komme, brauche man Strukturen. Die könne der Vereins bieten.

Michael Reinemer formulierte den Gedanken plastischer. »Einen solchen Verein löst man nur auf, wenn einem die Wellen über dem Kopf zusammenschlagen.«

Um handlungsfähig zu sein, muss der Freundeskreis, der auf die Hälfte seiner einst fast 600 Mitglieder geschrumpft ist, perspektivisch sein größtes Problem lösen: die Überalterung. Prof. Klaus Bonath brachte es auf den Punkt: »Wenn ich mich hier so umsehe, liegt der Altersdurchschnitt bei 70 oder 75 Jahren. Wo bleibt der Nachwuchs?«

Die Vorsitzende setzt auf neue Partner. »Kooperation ist der Schlüssel.« Ein Andockpunkt könne der Fachbereich Geschichte der Universität Gießen sein. Und Manfred Kuras berichtete von einer Lehrerfortbildung über den »außerschulischen Lernort Arnsburg«, die man bereits angeboten habe. Karl Starzacher, der Landesvorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist, versicherte, dass der VDK, der intensiv Bildungsarbeit betreibt, verstärkt mit dem Freundeskreis zusammen arbeiten wolle.

Am Ende war das Ergebnis deutlich: Nur zwei der rund 40 anwesenden Mitglieder stimmten gegen den Fortbestand des Vereins, drei enthielten sich. Die Vorsitzende zeigte sich erleichtert: »Ich denke, das ist eine gute Entscheidung für Kloster Arnsburg.«

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