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Wie kann man mit Kindern über den Tod der Oma reden?

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Von: Patrick Dehnhardt

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Susanne Egbert, Katharina Hoffmann (M.) und Karin Studnitz (r.). koordinieren das Projekt »Hospiz macht Schule«. © Patrick Dehnhardt

Der Tod ist ein Thema, das viele Menschen Kindern nicht zumuten wollen. Dabei betrifft es sie auch, wenn Oma, Opa oder Freunde sterben. Mit dem Projekt »Hospiz macht Schule« will die Laubacher Diakonie Kindern helfen, mit den Themen Trauer und Verlust umzugehen.

Der Opa ist gestorben. Die Enkel, drei und acht Jahre alt, waren fast jedes Wochenende bei ihm zu Besuch, haben mit ihm gespielt, in der Werkstatt getüftelt und im Garten allerlei mit ihm angepflanzt. Nun ist er nicht mehr da. Die Eltern sind überfordert: Wie sollen sie das dem Kind nur erklären? Und wie sollen sie nur verbergen, dass auch für sie gerade eine Welt zusammengebrochen ist?

Der Tod an und für sich passt nicht in die moderne Leistungsgesellschaft. Er kommt meist unplanbar, nicht selten überraschend und er wühlt Familie, Freunde, Nachbarn und Bekannte auf. Die meisten Menschen wollen sich mit dem Thema Sterblichkeit nicht auseinandersetzen. Und in die Vorstellung, dass ein Kind abgeschirmt von allen Sorgen der Welt glücklich aufwachsen soll, passt der Tod für viele gar nicht.

»Heute ist eine gewisse Scheu da, dass man damit die Kinder traumatisiert«, sagt Susanne Egbert vom Oberhessischen Diakoniezentrum in Laubach. Früher sei dies anders gewesen. In der Hospizarbeit hat sie Menschen kennengelernt, die in den 1930er und 1940er Jahren zur Schule gegangen sind. Damals sei es keine Seltenheit gewesen, dass ein Mitschüler an einer Krankheit starb und die Klasse danach gemeinsam den aufgebahrten Leichnam besuchte, um Abschied zu nehmen. Heute wäre dies kaum vorstellbar.

Karin Studnitz und Katharina Hoffmann kennen diese Hemmschwelle. »Die Kinder werden von dem Thema ferngehalten«, sagt Hoffmann. »Dabei wollen auch sie antworten auf die Frage, warum der Opa nicht mehr da ist.« Die Diakonie in Laubach hat dafür nun ein neues Angebot in ihr Programm aufgenommen: »Hospiz macht Schule«.

Eigens für dieses Angebot an der Bundeshospizakademie ausgebildete Ehrenamtliche gehen dabei für eine Woche in die dritten und vierten Klassen, um mit Kindern über das Thema Sterben, Tod und die dazugehörigen Gefühle zu reden. Dabei geht es explizit nicht um das Thema, was nach dem Tod ist, betont Studnitz, die zusammen mit Hoffmann das Projekt koordiniert. Bundesweit fand es bereits an über 300 Schulen statt.

Bevor das Projekt stattfindet, wird ein Elternabend angeboten. Erfahrungsgemäß gibt es Sorgen, dass die Kinder mit dem Thema überfordert seien. Hoffmann berichtet, dass nach den Projekten die Eltern jedoch meist dankbar waren, dass dieses schwere und komplexe Thema besprochen wurde. Die Rückmeldung, dass sie aus den Gesprächen mit den Kindern nach der Schule selbst profitiert hätten, ist nicht selten. Am Abschluss der Woche steht stets ein gemeinsames Fest.

Doch wie sollte man generell den Tod eines Angehörigen einem Kind erklären? Hoffmann rät dringend davon ab, Metaphern wie »auf eine große Reise gegangen« oder »eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht« zu benutzen: »Die Kinder bekommen sonst Angst, dass ihnen das beim Schlafen auch passieren könnte.« Oder wundern sich, dass Oma sich aus dem Urlaub nicht meldet.

Stattdessen sollte man den Tod klar benennen. Wie sich das Gespräch daraus entwickelt, hängt jedoch vom Alter ab. Egbert sagt: »Ein Zwölfjähriger wird eher nach dem Warum fragen und was nach dem Tod kommt, während ein Dreijähriger eine ganz andere Vorstellung von Ewigkeit hat.«

Wichtig dabei: Egal in welchem Alter, die Kinder werden auf ihre Art trauern, und dies ist gut so. »Nur weil ein Dreijähriger seine Gefühle nicht in Worte fassen kann, heißt das nicht, dass er keine hat«, sagt Egbert.

Gerade in diesem Alter wechseln sich Phasen von großer Freude und großer Trauer teils im Viertelstundentakt ab. Dies sei aber normal. »Kinder trauern anders als Erwachsene.«

Studnitz rät zudem Eltern dazu, ihre Gefühle offen auszusprechen. »Bei dem Satz ›Es ist nichts‹ merkt das Kind trotzdem, was los ist, denkt aber, es hätte etwas falsch gemacht.« Stattdessen sollte man die Trauer teilen, offen miteinander sprechen, sich zuhören und vielleicht auch schöne Erinnerungen an den Verstorbenen erzählen. Dabei darf auch gelacht werden, wenn es eine lustige ist.

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