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»Von wegen, Kunst wäre nicht politisch«

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Von: Thomas Brückner

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Laubach (tb). Ein außergewöhnliches Format geht am Samstag, 15. Oktober, 17 Uhr, in der Stadtkirche Laubach an den Start. Gezeigt werden Aufnahmen der ukrainischen Fotokünstler Nelli Spirina und Serhil Mykhalchuk. »Arbeiten, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten«, wie Stadtverordnetenvorsteher Joachim M. Kühn unterstreicht.

Während Spirina die Liebe zur Heimat vor dem Überfall Russland festgehalten habe, vermittelten die Arbeiten Mykhalchuks, zurzeit als Soldat an der Front, die unmittelbaren Folgen des Krieges. Gemeinsam aber sei beiden, dass sie das Land und seine Menschen in den Vordergrund stellten. »Beide gehen mit ihren Bildern auf Spurensuche. Spuren von Lebenslust und Heimatliebe, von Entsetzen, Trauer und Verlust.« Nach der Projektion in der Kirche werden die 37 Aufnahmen bis zum 30. Oktober in Schaufenstern in der Altstadt zu sehen sein.

Chance zum Modell

Zur Vernissage am Samstag ist jedermann eingeladen. Im Anschluss besteht Gelegenheit, im Gemeindehaus ukrainische Speisen zu kosten und ins Gespräch zu kommen.

Vorgestellt wurde das Projekt, gefördert aus Mitteln des Bundesprogramms »Demokratie leben«, im Laubacher Rathaus. An dem Pressegespräch nahmen neben Kühn auch Nidia Ortiz und Harald Mantai vom Pohlheimer »Forum Kopf und Herz« teil, die das »Ukraine-Format« entwickelt haben. Der Name deutet es bereits an: Dem Forum geht es bei seinen Projekten darum, Wissenschaft, etwa in Gestalt von Vorträgen ausgewiesener Experten, und Kultur zusammenzubringen.

Die erste Auflage des Formats »Ukraine im Frieden und im Krieg« war in der Volkshalle Watzenborn-Steinberg über die Bühne gegangen. Die Anregung für eine »Zweitauflage« in Laubach kam von der Kreisvolkshochschule. Wie deren Mitarbeiterin Anja Horstmann, zuständig für Kulturförderung, erklärte, sehe sie die Chance für ein Modell - für weitere Kooperationen der KVHS als »Kultur-Ermöglicherin« mit den Kommunen.

Am Samstag wird zunächst Hans-Jürgen Bömelburg, Professor für osteuropäische Geschichte an der JLU Gießen, Einblicke in Kultur und Historie der Ukraine vermitteln. Sozusagen fürs »Herz« stehen dann ukrainische wie deutsche Künstler. Freuen dürfen sich die Besucher auf Ausdruckstanz der Ballettmeisterin Nelli Syupyur sowie die erst 13-jährige, doch bereits vielfach ausgezeichnete Bandura-Spielerin Yevhenjia Bezborodova. Das Programm gestalten ferner die Sängerin Nidia Ortiz, der Blueschor Laubach, der Jugendchor der ev. Kirche und Organistin Anja Martiné. Mitveranstalter neben der ev. Kirche ist der Trägerverein des Kultur- und Begegnungszentrums Laubach. Dessen Vorsitzender Bernhard Schmitz machte auf die hier »andere Wirkung« der Fotos aufmerksam, da sie, gewissermaßen »barrierefrei«, in den Schaufenstern, mitten in der Stadt, zu sehen sein werden: »Es symbolisiert: Der Konflikt ist mitten unter uns.«

Besonders freute es Schmitz, dass die erste Ausstellung »seines« Vereins mit dem Vorurteil aufräume, Kunst wäre nicht politisch. Auch diese Ausstellung sei schließlich Teil einer Gegenwehr - gegen Putins Bestreben, die Kultur der Ukraine zu vernichten.

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