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Urteil wegen heimtückischen Mordes erscheint möglich

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Gießen/Laubach (srs). Ihre Arbeit hatte sie erledigt. Unsicher dürfte sie gewesen sein, war es doch am Abend des 4. März ihr erster Termin in Diensten einer »Begleitagentur«. Die 38-Jährige kleidete sich gerade wieder an, da griff sie der 38-jährige Freier von hinten an.

Zuerst stieß er sie zu Boden. Dann setzte er sich auf sie, presste seine Knie auf ihre Arme. Brutal schlug er auf die Prostituierte ein. Schließlich würgte er sie. Die Frau verlor ihren Atem, das Bewusstsein - ihr Leben. Seit Dienstag muss sich nun der Mann aus Gonterskirchen vor der fünften großen Strafkammer des Landgerichts Gießen verantworten. Die Staatsanwaltschaft plädierte zunächst auf Totschlag. Gestern jedoch verhedderte sich der Angeklagte während seines Geständnisses in Widersprüche, sodass auch eine Verurteilung wegen heimtückischen Mordes möglich erscheint.

Der Angeklagte hatte am 4. März kurz vor 20 Uhr einen Begleitservice angerufen und noch für denselben Abend einen Termin sowie den Preis von 150 Euro vereinbart. Er lud die Frau zu sich nach Gonterskirchen. Nachdem er bekommen hatte, was er wollte, und nach einer Dusche fiel er über sie her.

»Als sie nicht mehr geatmet hat, bin ich ganz normal dagesessen.« Dann habe er ihre Arme verbunden, einen Kissenbezug über ihren Kopf gelegt, »weil ich den Anblick nicht ertragen habe«. Er packte die Leiche in das Auto der Frau und fuhr nach Röthges. Dort stellte er den Wagen auf einer Wiese zwei Meter von der Straße entfernt ab. Ihre Geldbörse behielt er bei sich.

Der Laubacher legte zwar ein Geständnis ab, äußerte sich in vielen Punkten jedoch unpräzise und widersprüchlich. Immer wieder verharrte der 38-Jährige in monotonem Kopfschütteln: »Ich weiß nicht.«

Im Rahmen der polizeilichen Vernehmung hatte er noch erklärt, die Prostituierte habe sich über seine Erektionsprobleme lustig gemacht, daher sei er ausgetickt.

Gestern gab er zunächst an, sie habe nur gelacht, ohne ihm einen Grund zu nennen. Nach Rücksprache mit seinem Verteidiger räumte er dann ein, sie habe nach dem Sex gefragt, ob er es nicht besser könne. »Du weißt nicht, was du anrichtest«, habe er sie daraufhin gewarnt. Auf die Rückfrage einer Vertreterin der Nebenklage erläuterte er mit einem Mal, dass es ohne konkreten Wortwechsel zur Gewalt gekommen sei. Vorsitzender Richter Bruno Demel sprach von einem Glaubwürdigkeitsproblem.

Nebenkläger sind eine Schwester, ein Bruder und der letzte Ehemann des gebürtig aus Wölfersheim stammenden und zuletzt in Ranstadt/Wetterau wohnhaften Opfers, das vier Kinder hinterließ.

Offensichtlich log der Angeklagte in der Frage der Bezahlung. Auf die Frage des Richters, woher er denn die 150 Euro gehabt habe, sagte der Arbeitslose, er habe 100 Euro von seiner Mutter nach dem Verkauf eines Autos erhalten. Die Mutter widersprach allerdings im Zeugenstand. Der Wagen sei damals nicht verkauft, sondern einer Entsorgungsfirma übergeben worden. So liegt die Vermutung im Raum, dass der Angeklagte von vornherein nicht zahlen konnte, womöglich auch Gewalt anwenden wollte.

Der Laubacher, der bis zur Untersuchungshaft im Haus seiner Mutter wohnte, ist arbeitslos, bemühte sich aber bislang nicht um »Hartz IV«. Durch das Austragen von Zeitungen verdiente er wöchentlich 60 Euro. Er gab an, er habe der Prostituierten 150 Euro aus einer Sparbüchse gegeben. Eine solche Büchse hatte die Polizei bei einer Wohnungsdurchsuchung allerdings nicht gefunden. Staatsanwalt Klaus Bender gab einen richterlichen Hinweis, dass auch Mord aus Heimtücke zu erwägen ist.

Am heutigen Mittwoch um 9 Uhr findet der Prozess seine Fortsetzung.

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