Rückkehr zu ein wenig Normalität

Laubach (tb). 81 Menschen, meist Frauen und Kinder, geflohen vor dem Krieg in der Ukraine, haben im Gästehaus am Laubacher Ramsberg eine erste Bleibe gefunden. Gerade für die Jungen und Mädchen nicht nur ein Ort, der ein Gefühl von Sicherheit vermittelt: Anders als in einer möblierten Mietwohnung haben sie hier gleichaltrige Spielkameraden um sich.
»Man merkt förmlich, wie sie von Tag zu Tag mehr aus sich herausgehen«, berichtet Jochen Bantz, Leiter des Hauses. Und weiß doch auch von den traumatischen Erlebnissen der Kinder, von denen viele aus zerbombten Städten fliehen mussten. Mit Malstiften haben sie den Schrecken zu Papier gebracht. So wie Adam: Ein Bild zeigt den Keller, in dem er und seine Mutter Schutz suchen mussten, ein weiteres einen toten Jungen.
Ein »Kleines Wir« in jeder Klasse
Gestern sind Adam und 20 weitere Kinder eingeschult worden. Mit eine kleinen Feier hat sie die Theodor-Heuss-Schule willkommen geheißen. Jeder der Sechs- bis Zehnjährigen erhielt die traditionelle Brezel zum ersten Schultag, dazu einen Rucksack mit Heften und Stiften. Für die kleinen Ukrainer, aber auch ihre Eltern wenigstens ein Stückchen mehr normalen Alltags. - Rektorin Sabrina Siegfried stellte den Neuen eines ihrer Lieblingsbücher vor. Dank der Übersetzung durch Oksana Vaniv lernten sie so das »Kleine Wir« kennen: »Es entsteht überall dort, wo sich Menschen mögen. Und es wächst, wenn wir füreinander da sind.« In jeder Klasse, so Siegfried, gebe es ein solches kleines Wesen.
Namens der städtischen Gremien hieß Joachim M. Kühn, Stadtverordnetenvorsteher und bei »Laubach hilft« engagiert, die Abc-Schützen willkommen. »Heute ist ein trauriger Tag«, sorgte er zunächst für nachdenkliche Mienen. Um aber sogleich aufzuklären: »Aber nur, weil ich Euch nicht mehr so oft sehe, da ihr nicht mehr im Gästehaus, sondern in der Schule seid.«
Inzwischen seien rund 300 Kinder aus der Ukraine im Landkreis untergekommen, berichtete Erster Kreisbeigeordneter Christopher Lipp. In Kürze würden alle am Unterricht teilnehmen. Den vielen ehrenamtlichen Helfern gebühre dafür ebenso Dank wie dieser Schulgemeinde.
»Ihr werdet viel Neues lernen, nicht nur eine neue Sprache, auch Mathematik, Kunst, Sport - Dinge, die ihr überall auf der Welt brauchen könnt«, wandte sich Kerstin Gromes als Vertreterin des Staatlichen Schulamtes an die Kinder. Ihnen wie ihren Familien wünschte sie, ihr leidvoller Weg möge ein friedvolles Ende finden. Dem schloss sich auch Pfarrer Jörg Niesner an, der Laubachs Neubürgern die Hilfe seiner evangelischen wie auch der katholischen Gemeinde zusicherte.
Im Anschluss geleiteten Patenkinder und Lehrer die Kinder in ihre erste Stunde. Unterrichtet werden sie in Intensivklassen, wo das Erlernen der deutschen Sprache im Vordergrund steht. Im Sinne der Inklusion aber auch in Regelklassen, die sie jeweils zu zweit besuchen. Perspektivisch, so nochmals Siegfried, soll es auch herkunftssprachlichen Unterricht geben.