Ideen für mehr Teilhabe im Alter

Gemeindeschwester, Behördenlotse, Bauleitplanungen, die neue Wohnformen für alte Menschen aufnehmen - Anregungen, mit denen Laubachs Seniorenbeirat an die Stadt herantritt. Dort zeigt man sich offen.
Die Zukunft steht vor der Tür. Ungeduldig fordert sie Einlass.« Worte von Bernhard Wilhelm-Detzel, Vorsitzender des Seniorenbeirats Laubach. Qua Amt münzt er die Mahnung natürlich auf die Herausforderungen, die eine zunehmend ältere Gesellschaft mit sich bringt. Herausforderungen, die auch Thema für die Stadt Laubach sein sollten.
Immer mehr Pflegebedürftige, immer weniger Pflegekräfte, um die auch noch zunehmend stationäre wie ambulante Einrichtungen konkurrieren. Wer ist dann für die pflegebedürftigen Alten da, fragt Wilhelm-Detzel. Sollten das in großem Maßstab Angehörige, sofern denn überhaupt in der Nähe wohnend, leisten? Die Mehrfachbelastung von Beruf und Familie überfordere schon heute viele - körperlich wie psychisch.
Vor diesem Hintergrund lotet der Seniorenbeirat Wege aus, wie auf Ebene der Stadt die Probleme wenigstens zu lindern wären. Neben ehrenamtlichen Helfern - etwa bei Einkäufen oder kleineren Reparaturen - sollte es »flankierende Strukturen« geben, die bei Bedarf aktiviert werden.
Die Interessenvertretung verweist zunächst auf die vielerorts bereits eingeführten Gemeindeschwestern oder -pfleger. Die schauten etwa bei Personen, die keinen ambulanten Pflegedienst benötigen, vorbei. Achteten auf richtige Ernährung, verabreichten Medikamente oder messen den Blutdruck. Die Versorgung durch den Hausarzt reiche häufig nicht.
Bauleitplanung mit neuen Wohnformen
Als weitere flankierende Maßnahme verweist man auf »Behördenlotsen«. Anfragen der Verwaltung oder das Ausfüllen von Formularen erschienen alten Menschen oft schwierig, sie fühlten sich überfordert. Ähnlich sehe es im Austausch mit Geldinstituten aus. In manchen Gemeinden unterstützten bereits Ruheständler mit »Behördeerfahrung« die Senioren. Und würden auch helfen, wenn ein Vorgang digital zu erledigen ist. »Die Grundsteuerveranlagung ist ja vielen noch gegenwärtig.«
Der Lotse würde eng mit der Gemeindeschwester kooperieren, beispielsweise beim Klären des Pflegegrads durch den Medizinischen Dienst.
Zu fördern gelte es aber auch neue Wohnformen wie Senioren-WGs. Jeder behalte hier seine Rückzugsmöglichkeit, zugleich aber sei gegenseitige Unterstützung möglich. Sozusagen artverwandt damit: Mehrgenerationen-Immobilien. »Wenn Kommunen neue Baugebiete erschließen, müssen derartige Projekte mitbedacht und in die Planung aufgenommen werden. Es gilt, die Alten am allgemeinen Leben teilhaben zu lassen!«
Schließlich wünscht man sich den Einsatz für den Erhalt von Bank- oder Sparkassenfilialen in der Breite. Oder wenigstens mit verkleinertem Service, wie das Führen von Spar-, Giro- und Tagesgeldkonten. Wichtig sei, dass sie weiter »physisch aufgesucht werden können«. Der frei werdende Platz könnte für den Behördenlotsen, die Behindertenbeauftragte, das Bürgerbüro usw. genutzt werden und gleichsam der Raumnot in den Rathäusern abhelfen. »Wir alle müssen mutig auf die Probleme schauen und dürfen nicht warten, bis die Welle über unseren Köpfen zusammenschlägt«, sei der Sprecher des Beirats nochmals zitiert,
Gemeindeschwester bereits in Prüfung
»Wir sind in der Prüfung, in der nächsten Sitzungsrunde der Gremien steht die Gemeindeschwester auf der Tagesordnung«, teilte Bürgermeister Matthias Meyer auf GAZ-Nachfrage mit. Und verwies auf die vom Land avisierte 80-Prozent-Förderung. Sofern befürwortet, könnte das Projekt 2024 starten.
Was den Behördenlotsen angeht, machte Meyer auf bestehende »flankierende Strukturen« aufmerksam. Vor allem die Ehrenamtler von »Laubach hilft« nannte er, könnte sich die Gründung eines Vereins vorstellen. Im Übrigen unterstütze die Verwaltung Senioren, wenn es etwa um (digitalisierte) Anforderungen der Verwaltungen gehe.
Nach Auslaufen der IKEK-Programms 2024, so der Rathauschef weiter, stehe die Erschließung eines Baugebiets zwischen der Kernstadt und Wetterfeld an. Schon wegen der zentralen Lage, der ÖPNV-Anbindung, ergebe es Sinn, dort gewünschte Wohnformen für Senioren in die Bauleitplanung aufzunehmen. Auch dieses Thema, versicherte Meyer abschließend, stehe auf der Agenda der Stadt.