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Freienseener sehen sich durch Lkw-Verkehr belastet

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Von: Thomas Brückner

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Vor einem Jahr rauschten erstmals schwere Muldenkipper mit Abraum von der A49-Baustelle durch Freienseen.
Vor einem Jahr rauschten erstmals schwere Muldenkipper mit Abraum von der A49-Baustelle durch Freienseen. © tb

Vor einem Jahr rauschten erstmals schwere Muldenkipper mit Abraum von der A49-Baustelle durch Freienseen. Nach rund 38 000 Lkw-Fahrten reicht es nun den Anwohnern.

Die Ursache des Ärgers ist bekannt: Beim Bau der A49 am Ohmtal-Dreieck anfallender Abraum, ein Mix aus Erde und Basalt, wird vertragsgemäß in den stillgelegten Steinbruch Gonterskirchen verbracht. Ein gehöriger Beitrag zur geplanten Teilverfüllung und Rekultivierung der Anlage, die die Mitteldeutsche Hartstein-Industrie (MHI) 2004 von der Stadt gepachtet hat.

Meist um die 30 000 Tonnen an Verfüllmaterial waren seither angeliefert worden. 2022 dann schnellte die Summe auf 450 000 Tonnen hoch, und heuer sind bis dato schon weitere 60 000 hinzugekommen. Anders als zuvor aber werden diese riesigen Mengen nicht auf verschiedenen Wegen nach »Goki« befördert, sondern via Mücke alle durch Freienseen. Bei 26 Tonnen je Lkw macht dies 230 Hin- und Rückfahrten - am Tag. »Etwa das Zehnfache gegenüber der Belastung zuvor«, schätzt Christoph Hagemeier, Vorstandssprecher der MHI.

Vor den 50 Besuchern der Bürgerversammlung machte dieser deutlich, dass auch sein Unternehmen verärgert sei über die »Salami-Taktik« der Arbeitsgemeinschaft Bau (ARGE), die mit dem Transport beauftragt ist. Mehrfach korrigierte Angaben über Zeitfenster und Mengen hätten eine »planmäßige und frühzeitige Kommunikation« nicht ermöglicht. Entweder die ARGE habe falsch kalkuliert oder falsch informiert.

Nicht anders Bürgermeister Matthias Meyer, der neben Ortsvorsteher Herrmannski auf dem Podium saß: »Weder die MHI noch die Stadt wussten, wie viel am Ende tatsächlich verbaut wird.«

Erst auf hartnäckiges Nachfragen konnte Hagemeier nun für etwas Klarheit sorgen, habe er doch am Freitag eine Antwort der ARGE erhalten: Danach stünden über die bereits fixen 38 000 Tonnen noch bis zu 400 000 Tonnen aus. Doch sei auf »Verschiebungen« verwiesen worden, falls sich Alternativen auftäten (etwa Verbau in Lärmschutzwällen). Daraus errechneten sich rund sechs weitere Monate mit Transporten - »im Worst Case«. Was ebenso für die 2024 avisierten »eventuellen« 30 000 Tonnen Restmaterial gelte. Dass ja Mitte 2024 bereits »die Autos über die A49 rollen sollten«, merkte er an. Und räumte ein: »Ich weiß, die Auskunft ist nicht befriedigend.«

Gerade für die Anlieger der Ortsdurchfahrt. Dr. Ulf Häbel sprach wohl allen aus der Seele: »Ich habe mal in fünf Minuten 17 Laster gezählt. Ein bisschen unerträglich…« Würde das Tempolimit eingehalten, wäre schon viel geholfen, meinte sein Sitznachbar, der auf die Gefährdung besonders von Kindern und Alten hinwies. Ein anderer war hinter einem Brummi hergefahren, der durch Seenbrücke mit 90 und in Freienseen mit 50 oder 60 statt der erlaubten 30 km/h gedonnert sei. »Warum wird denn nicht kontrolliert?!«

Er habe alles versucht, unterstrich Meyer, habe bei Hessen Mobil wenigstens Tempo 30 für Lkw erreicht. Doch handele es sich hier um eine Bundesstraße, sei man nun mal von den Behörden abhängig. Die Kommune habe weder Ausstattung noch Personal, um ständig vor Ort zu sein. Dreimal habe auch die Polizei geblitzt, das Ergebnis: »Bringt nix, es spricht sich schnell rum.« Ein Zuhörer regte da an, bei der Autobahnpolizei wegen einer »Radaranlage« anzufragen, schließlich sei die A49 die Ursache. Oder das Bundesamt für Güterverkehr aufzufordern, die Fahrtenschreiber zu kontrollieren. Vorschläge, die der MHI-Sprecher ebenso aufgreifen will wie jenen eines provisorischen Fußgängerüberwegs. Ob seine »guten Kontakte zu Hessen Mobil« hilfreich sein werden?

Breiten Raum nahm ferner die Schadensregulierung ein. Dass Hessen Mobil am Ende der ARGE die Rechnung stellen werde, erklärte Hagemeier. Die Stadt, ergänzte Meier, werde Reparaturen an Gehwegen geltend machen, der Bauhof habe den Istzustand dokumentiert. Letzteres riet er auch den Hausbesitzern, aus deren Reihen abgefallener Putz, Schäden an Gefachen oder verschmutzte Fassaden beklagt wurden. Dass die Beweisführung ob der bereits 20 Jahre währenden Lkw-Transporte schwierig sein werde, man ihnen aber zur Seite stehen werde, fügte er an.

Namens der MHI versicherte am Ende Dirk Bauer, das Material werde gemäß der vom RP erlassenen strengen Verfüllrichtlinie regelmäßig beprobt, jede Ladung fotografiert. Eine Kontaminierung sei daher auszuschließen. Mit der Zusage Meyers, zeitnah über die Ergebnisse zugesagter Lösungsversuche zu berichten, endete der Abend. Nicht vergessen sei aber der laut beklatschte Vorschlag eines Bürgers: »Wenn wir die Autos auf der Straße parken, wird ganz schnell langsam gefahren.«

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