Zum Auftakt verzweifelt der einsame Kontrabassist
Laubach (jhm). Schon der Auftakt zum Stück »Der Kontrabass« von Patrick Süskind sorgt für Aufsehen in der »Herrenscheune«: Der Mann wirkt fahrig, unentschlossen, grimmig. Auf seiner Stirn steht Schweiß. Statt zu sprechen, nimmt er lieber einen Schluck Bier aus der Flasche. Unter den rund 60 Zuschauern entlädt sich die Spannung in leisem Gekicher. Was dann folgt ist der scheinbar endlose, doch stets packende Monolog eines scheinbar namenlosen Kontrabassisten, der von Schauspieler Johannes Lang (bisher Stadtheater Gießen) im Rahmen des Orgelfestivals zum letzten Mal grandios interpretiert wurde.
Laubach (jhm). Schon der Auftakt zum Stück »Der Kontrabass« von Patrick Süskind sorgt für Aufsehen in der »Herrenscheune«: Der Mann wirkt fahrig, unentschlossen, grimmig. Auf seiner Stirn steht Schweiß. Statt zu sprechen, nimmt er lieber einen Schluck Bier aus der Flasche. Unter den rund 60 Zuschauern entlädt sich die Spannung in leisem Gekicher. Was dann folgt ist der scheinbar endlose, doch stets packende Monolog eines scheinbar namenlosen Kontrabassisten, der von Schauspieler Johannes Lang (bisher Stadtheater Gießen) im Rahmen des Orgelfestivals zum letzten Mal grandios interpretiert wurde.
»Moment, gleich, jetzt! Hören sie es? Die Bässe, die Kontrabässe! Das bin ich!«, verkündet er stolz, offenbart jedoch schon bald tiefe Traurigkeit und Selbstverachtung, frei nach dem Grundsatz: »Der Kontrabass ist das einzige Instrument, dass man immer besser hört, je weiter man davon entfernt ist.« Im Orchester dominieren die Bässe alles, »wir sind das Fundament für das herrliche Gebäude des Klangs. Ohne uns herrscht babylonische Sprachverwirrung«, prahlt er, nur um sogleich zu relativieren: »Wenn die Pauke einmal hinlangt, das hört man bis in die letzte Reihe, und jeder sagt, ›aha, die Pauke‹.
Bei mir sagt kein Mensch, ›aha, der Kontrabass‹, weil ich geh ja unter in der Masse.«
Dennoch wird sein Leben ganz und gar vom Kontrabass bestimmt. Seine große Liebe Sarah, Sopranistin im Orchester, bildet zwar »musikalisch den idealen Gegenpol, nur so funktioniert Musik - in der Spannung von hier nach da.« Menschlich will sie allerdings nichts von ihm wissen.
Über den Liebesakt wacht der Kontrabass durch seine majestätische Präsenz - und macht ihn dabei stets lächerlich: »Er spielt sich immer sofort in den Vordergrund, wenn ich mit einer Frau... aber ich habe seit zwei Jahren keine Frau mehr gehabt.« Die Einsamkeit des Kontrabassisten entlädt sich fortan in bieder-selbstgerechten, nicht selten widersprüchlichen Urteilen über die Welt und seine absurde Ersatzliebe zum Instrument. »Ich verliere bei einer Oper durchschnittlich zwei Liter Flüssigkeit, bei einem Sinfoniekonzert immerhin noch einen Liter. Ich kenne Kollegen, die machen Waldlauf und Hanteltraining. Ich nicht. Aber mich wird es eines Tages mitten im Orchester so zusammenhauen, dass ich mich nicht mehr davon erhole. Weil Kontrabass spielen, das ist reine Kraftsache, mit Musik hat das erst einmal nichts zu tun.
« Und dennoch: »Wenn ich ihn vor einem Konzert mit meinem Mantel temperiere, das ist Liebe«, seufzt der Kontrabassist. Wohl wissend, dass seine wahre Sehnsucht doch Sopranistin Sarah gilt. Wenn sie da ist, spielt er besonders schön - soweit das auf seinem Instrument möglich ist. Allein: Sie merkt es nicht. Dann: Noch an diesem Abend, im Rahmen des Giulini-Gastkonzerts, will der Kontrabassist seinem Leben eine Wende geben, seine Gefühle für Sarah einfach herausschreien. »Ich gehe jetzt. Ich geh jetzt in die Oper und schrei. Wenn ich mich trau. Sie können es ja morgen in der Zeitung lesen. Auf Wiederschaun!«