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Zwischen Traditionen und Trachten

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Von: red Redaktion

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Ingrid Grimm präsentiert auf einem Tisch die vielen Teile, die zur Hüttenberger Tracht gehören. © pv

Im gesamten Kleebachtal trugen die Frauen einst die Hüttenberger Tracht. Heute ist sie nur noch im Museum zu finden - zum Beispiel im »Gottfrieds Haus« in Rechtenbach. Dem Kultur- und Heimatkreis machen derzeit vor allem die steigenden Heizkosten und die aufgrund ausgefallener Veranstaltungen fehlenden Einnahmen Sorgen.

Ingrid Grimm, Vorstandsmitglied des Vereins »Kultur- und Heimatkreis Rechtenbach«, sitzt in Mitten von unzähligen traditionellen Kleidungsstücken, darunter bestickte Unterhemden, verzierte Strumpfbänder und Schultertücher. »Diese Frau hier«, sie zeigt auf ein aufgeschlagenes Buch vor sich, »ist aus Lützellinden und hat bis in die 1980er Jahre noch nie etwas anderes getragen als eine Tracht.« Das Bewahren solcher Traditionen ist Ziel des Hüttenberger Vereins. Darum stellt er die original Hüttenberger Trachten, die er über Spenden erhält, in einem eigenen Zimmer in einem Nebengebäude des »Gottfrieds Haus« aus.

Da in den vergangenen zwei Jahren Corona dafür sorgte, dass viele Veranstaltungen ausfielen, die sonst ein bisschen Geld in die Kasse brachten, fällt dem Verein die Finanzierung zunehmend schwer. »Wir müssen nächstes Jahr unbedingt wieder einen Ostermarkt veranstalten, sonst wird es sehr kritisch«, erzählt Grimm. Zusätzlich kämen jetzt auch noch die steigenden Heizkosten hinzu.

Die Trachten waren jahrelang in Kisten verpackt gewesen, doch mit dem Ankauf eines der Nebengebäude 2012, bekamen sie ihr eigenes Zimmer, in dem sie bis heute ausgestellt sind. Von Unterwäsche, bis hin zu handbestickten Schmuckbändern ist alles dabei. »Wir können 25 Frauen komplett mit Tracht ausstatten«, erzählt die 72-Jährige.

Das Anziehen einer solchen Tracht geht aber gar nicht so schnell. Bis zu eineinhalb Stunden kann es dauern, die einzelnen Teile anzulegen. »Die Tracht fängt an mit der Unterhose«, erklärt Grimm. Danach kommen verzierte Strümpfe und das bestickte Unterhemd. Darüber wird das »Leibchen« gezogen, eine kleine Weste mit einem Ring um die Hüfte, der die Frauen fülliger und somit wohlhabender aussehen lassen sollte. Des Weiteren besteht die Tracht noch aus zwei Wollröcken und der »Motzen«, eine Art Jacke. Abschließend wird alles noch mit Schmuckbändern verziert und eine Haube über den »Schnaz«, den geflochtenen Dutt, gezogen.

Getragen würden die Hüttenberger Trachten heute aber kaum noch. »In den 1950er Jahren ging es los, dass die jungen Frauen hier auf dem Land sich anders kleiden wollten«, erzählt Grimm. Heute würden die Trachten höchstens noch zu Veranstaltungen, wie dem »Ochsenfestzug« oder dem Erntedank-Gottesdienst im Hof des Bauernhauses angezogen.

Damit der Brauch dennoch nicht in Vergessenheit gerät, wurde das Trachtenzimmer eingerichtet. Junge Besucher hätten viel Spaß an den traditionellen Kleidern. »Die Kinder kommen gerne hier hoch und wollen sich verkleiden und dann fotografiert werden«, erzählt die Trachten-Liebhaberin. Vor der Pandemie wurde das Hessische Kulturdenkmal auch sehr oft von Schulklassen oder Kindergärten besucht. Ingrid Grimm hofft, dass jetzt im neuen Schuljahr wieder die ein oder andere Klasse vorbeischaut, um etwas über die Heimatgeschichte Hüttenbergs zu lernen.

»Wir müssen jetzt werben«, sagt Grimm. Dies will der Verein vor allem durch Veranstaltungen für Kinder machen, um wieder mehr junge Leute für das Wahren der Traditionen zu begeistern. Sie sagt: »Damit es mit dem Verein noch weiter geht.« Am 27. November ist wieder »Weihnachten bei Gottfrieds« geplant.

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