Überschaubare Form des Pilgerns

Langgöns (iri). Labyrinthe üben seit jeher eine Faszination auf den Betrachter aus und laden dazu ein, begangen zu werden. Dass sie aber noch viel mehr bedeuten, höchst symbolisch sind und zu philosophischen und religiösen Betrachtungen anregen können, wurde den Besuchern des Labyrinth-Gottesdienstes in der Jakobuskirche im Ortsteil Lang-Göns bewusst.
Pfarrer Stephan Ebelt von der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Lang-Göns hatte dazu eingeladen und sich schon am Vorabend gemeinsam mit den beiden Konfirmandinnen Fiona Demtschenko und Sacha Amelie Winkler viel Mühe gemacht: Auf dem Parkplatz der Kirchengemeinde in der Neugasse zeichneten die drei mit Kreide ein Labyrinth auf, das dem berühmten Labyrinth in der Kathedrale von Chartres in Frankreich nachempfunden war. Das Langgönser Labyrinth, mithilfe von Zirkeltechnik gestaltet, hatte einen Durchmesser von 14 Metern und war damit sogar etwas größer als das Original. Wer es einmal bis zur Mitte durchlaufen wollte, musste ungefähr einen 300 Meter langen Weg zurücklegen.
»Nicht nur das Labyrinth von Chartres, das Anfang des 13. Jahrhunderts aus schwarzen und grauen Steinplatten in den Fußboden der Kathedrale eingearbeitet wurde, ist ein begehbares Symbol für den menschlichen Lebensweg zu Gott«, sagte der Pfarrer. Die Idee, selbst einmal ein Labyrinth zu gestalten, war ihm beim vergangenen Konfi-Camp in Flensungen gekommen. Dort gab es eine kleinere Ausgabe. »Es hat mich beschäftigt, denn es ist interessant, was man alles damit begründen kann. Die zwölf Kreise symbolisieren die zwölf Jünger, die 33 Kehren die Lebensjahre Jesus und das Moment umzukehren, ist ja ein klassisches Motiv im Evangelium. Ebenso wie das Motiv, auf dem Weg zu sein«, zeigte sich Ebelt ganz vom Thema eingenommen.
Wer das Labyrinth betritt, denkt, relativ schnell zur Mitte zu kommen, aber dann führt der Weg wieder weit weg. Die Mitte symbolisiert die Begegnung mit Gott. »Doch der Weg zieht sich, in unserem Fall sogar 300 Meter, da kommen auch Fragen und Zweifel auf wie: Lohnt sich das, komme ich überhaupt zur Mitte?«, erläuterte der Pfarrer. Ziel sei es doch, am Ende nicht nur in der Mitte anzukommen, sondern auch wieder herauszukommen und sich auf den Weg in den Alltag zu machen. »In der Mitte stellt sich die Frage, ob sich etwas verändert, ob man danach schneller geht oder vielleicht langsamer und geduldiger.« Stephan Ebelt war sicher: »Seine Mitte zu finden, macht etwas mit einem.«
So sei das Pilgern auf dem Jakobsweg heute ein sehr bekanntes und beliebtes Motiv. »Viele laufen nach Santiago de Compostela hin, die Pilger früher sind aber auch wieder zurückgelaufen, was heute eigentlich kaum jemand macht«, weiß der Pfarrer. Er lud nach dem Gottesdienst beim Begehen des Parkplatz-Labyrinths »zu einer überschaubaren Form des Pilgerns« ein.
Den ganzen Sonntag über konnte das Labyrinth besucht werden, danach wurde der Parkplatz wieder für seinen eigentlichen Zweck freigegeben.