Gemeinde Langgöns legt Helferkataster für Katastrophenfälle an
Bei einer Naturkatastrophe oder anderen schlimmen Ereignissen werden viele helfende Hände gebraucht. Um zu wissen, wer mit anpacken würde, hat die Gemeinde Langgöns ein Kataster erstellt.
Der Tornado von Lumda, das Unwetter von Bellersheim, der Starkregen von Dornholzhausen - es sind nur drei der Naturereignisse, die sich mit verheerenden Schäden in den vergangenen Jahren im Landkreis Gießen ereignet haben. Die Feuerwehren und Rettungskräfte waren jeweils im Großeinsatz, erhielten dabei Unterstützung aus der Bevölkerung. Es handelte sich aber jeweils um so örtlich begrenzte Ereignisse, dass Menschen nur fünf Kilometer weiter gar nicht mitbekamen, dass ihre Hilfe vielleicht gebraucht werden könnte.
Dass es Helfer geben würde, ist keine Frage. Mit Blick auf die große Hilfsbereitschaft für die Flutopfer im Ahrtal, aber auch den zahlreichen Dornholzhäusern, die damals mit Schippe und Schubkarren die Schlammlawine bekämpften, sagt der Langgönser Bürgermeister Marius Reusch: »Der Wille zum spontanen Helfen ist ungebrochen, egal in welcher Form. Das beschränkt sich nicht nur auf die Ehrenamtlichen in der Feuerwehr oder beim Roten-Kreuz«. Jedoch müssen die Freiwilligen erst einmal erfahren, dass ihre Hilfe gebraucht wird.
Verwaltungsmitarbeiter Uwe Müller hat sich darüber Gedanken macht und die Idee für ein »Kataster über freiwillige Helfer für besondere Ereignisse« entwickelt. »Es können sich alle anmelden, die bei einem größeren Unglück helfen wollen«, sagt Müller.
Dies können Fachkräfte wie Dachdecker oder Elektriker sein, die nach einem Unwetter helfen. Aber auch Lkw- und Traktorfahrer sowie Radladerbesitzer können sich melden, die zum Beispiel gebraucht werden, wenn größere Schlammmassen weggeschoben werden müssen.
Reusch weitet den Blick dafür auf, dass auch ganz andere Spezialkenntnisse gefragt sein können: Wenn etwa die Eltern zusammen mit Rettungskräften und Freiwilligen Schlamm aus ihrem Haus schippen, braucht es jemand, der in dieser Zeit die Kinder betreut. »Da hilft es schon, wenn jemand im Bürgerhaus ein, zwei Stunden Geschichten vorliest oder Spiele mitbringt.«
Für die Freiwilligen braucht es zudem eine Versorgung mit Getränken und Speisen. Auch dabei können engagierte Bürger mit anpacken. »In solchen Krisensituationen ist eine Riesenpalette an Fähigkeiten gefragt«, sagt Reusch.
»Von Klein bis Groß und Jung bis Alt verfügen alle unsere Einwohner über alltägliche und besondere Fähigkeiten, die unserer Gemeinschaft in der Krise nützlich sein können«, heißt es in dem im Amtsblatt veröffentlichten Aufruf. Dieser stieß auf eine große Resonanz: Innerhalb weniger Tage meldeten sich bereits über 50 Bürger aus allen Ortsteilen.
»Es hat einen Nerv getroffen«, sagt der Bürgermeister. Dabei habe man auch von Fähigkeiten von Bürgern erfahren, die man nicht vermutet hätte: Neben einigen hochspezialisierten Fachkräften habe sich auch eine Frau gemeldet, die weiß, wie man für 500 Leute kocht.
Viele hätten den Aufruf vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs verstanden, sagt Müller. Um die Motivation aufzugreifen, habe man darum einige direkt in Aufgaben rund um die Unterbringung der Ukraine-Flüchtlinge eingebunden. »Es haben sich beispielsweise zwei Damen gemeldet, die nun Deutschkurse und Kinderbetreuung anbieten wollen«, sagt Reusch.
Sollte es zu einem Großschadensereignis kommen, bei dem Helfer gebraucht werden, rücken zunächst die Feuerwehren und Rettungsorganisationen aus. Zeichnet sich ab, dass weitere freiwillige Helfer benötigt werden, beispielsweise als Helfer beim Aufräumen oder in der Betreuung, werden diese vom Rathaus aus informiert. Dort wird das Kataster geführt - sowohl digital als auch als Aktenordner, falls der Strom ausfällt. »Der Ordner ist unter Verschluss«, sagt Reusch. Er werde nur im Bedarfsfall hervorgeholt.
Der Bürgermeister betont, dass es um Ereignisse gehe, die über den klassischen Hausbrand oder auch Großbrand wie in Oberkleen an Weihnachten vor zwei Jahren hinausgehen. Dass man sich darauf vorbereite, könnte mancher für übervorsichtig halten, weiß der Bürgermeister. Die Unwetter im Ahrtal und die Pandemielage hätten aber gezeigt, dass man nicht ahnen könne, welche Herausforderungen plötzlich über einen hereinbrechen. Mit dem Kataster müsse man nun in Langgöns »in der Stunde Null nicht bei Null anfangen«.